Berlin, den 17. Mai 2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
diese Woche begann mit einer sehr traurigen Nachricht: dem Tod von Max Stadler. Er war am Sonntag völlig unvermittelt gestorben. Der bayerische Jurist und Staatssekretär im Bundesjustizministerium war für mich ein liberales Urgestein. Ein kluger und zuverlässiger Kollege, der mir immer in Erinnerung bleiben wird mit einem Lächeln auf den Lippen. Am Donnerstag gedachte ihm Bundestagspräsident Norbert Lammert in einer kurzen Feierstunde im vollbesetzten Plenum des Bundestages.
Anhörungen im Familienausschuss am Montag
Auftakt war am Montag die Anhörung zum Gesetzentwurf zur Regelung der vertraulichen Geburt. Jahr für Jahr werden in Deutschland zwischen 20 und 40 Kinder ausgesetzt oder direkt nach der Geburt getötet. 1999 wurde in Deutschland die erste Babyklappe eingerichtet. Ein Angebot für Frauen in Not, durch das Leben von Neugeborenen gerettet werden. Dennoch sind sie umstritten, denn die Betreiber agieren in einer rechtlichen Grauzone. Nach einer Stellungnahme des Deutschen Ethikrates und einer Studie des Deutschen Jugendinstituts wurde der Ruf nach einer gesetzlichen Regelung und alternativen Angeboten laut. Nach fast 15 Jahren wird mit der vertraulichen Geburt nun ein Angebot geschaffen, das Schwangeren in schweren Konfliktlagen hilft, außerdem soll die Beratung für schwangere Frauen in Notlagen gestärkt werden, unter anderem durch die Schaffung eines kostenlosen Notruftelefons.
Vertrauliche Geburt bedeutet, dass eine schwangere Frau ihr Kind unter Angabe eines Pseudonyms im Krankenhaus entbinden kann. Ihre Personaldaten sollen zwar vertraulich aufgenommen, aber bis zum 16. Geburtstag des Kindes versiegelt aufbewahrt werden. Das Kind soll in aller Regel zur Adoption freigegeben werden, wenn die Mutter es nach der Geburt nicht bei sich behalten will. Bei Vollendung des 16. Lebensjahres soll das Kind dann erfahren dürfen, wer seine leibliche Mutter ist, wenn diese dagegen keinen Einspruch einlegt. In diesem Fall soll ein Familiengericht entscheiden, ob die Identität der Mutter weiterhin vertraulich bleiben soll, weil für sie Gefahren für Leib oder Leben besteht.
Parallel dazu sollen die bestehenden Babyklappen erhalten bleiben. Alle Sachverständigen bestätigten in der Anhörung, dass der Gesetzentwurf eine deutliche Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation sei. Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, diesen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Besonders wichtig war mir, dass die bestehenden Angebote erhalten bleiben können – denn für mich zählt jedes Leben, das durch eine Babyklappe gerettet wird.
Gleich im Anschluss folgte die nächste Anhörung zum Betreuungsgeldergänzungsgesetz. Es regelt, dass Eltern, die ihre Kinder nicht in einer öffentlichen Kita betreuen lassen, das Betreuungsgeld für Bildungssparen oder die private Altersvorsorge verwenden können. Für diese Regelungen haben wir Liberale gesorgt, um das Betreuungsgeld, das ich noch immer bildungs- und sozialpolitisch für einen Fehler halte, durch die Bildungskomponente noch halbwegs zu verbessern. Wer sich den Betrag von 150 Euro monatlich nicht bar ausbezahlen lässt bekommt einen Bonus von 15 Euro. Der Gesamtbetrag fließt dann in eine private Altersvorsorge oder kann für Studium oder Ausbildung des Kindes angespart oder in eine entsprechende Versicherung investiert werden.
Demografiegipfel
Am Dienstag lud die Bundesregierung zum zweiten Demografiegipfel. Der erste fand im Oktober 2012 statt. Damit möchte die schwarz-gelbe Koalition Deutschland auf den demographischen Wandel vorbereiten. Die deutsche Wirtschaft wird immer mehr auch auf ausländische Fachkräfte und ältere Arbeitnehmer angewiesen sein, um ihre Wettbewerbsstärke in einer alternden Gesellschaft zu sichern. Berechnungen zufolge wird Deutschland bis 2060 ein Fünftel der Bevölkerung verlieren – etwa 17 Millionen Einwohner. Jeder Dritte wird dann 65 Jahre oder älter sein. Dennoch sehen insbesondere die Liberalen den demographischen Wandel auch als eine Chance an.
Die Zahl der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte wird sinken, deshalb dürfen wir das Thema Zuwanderung von Fachkräften nicht ignorieren. Wie für viele andere Länder auch, ist der wachsende Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften für Deutschland eine Herausforderung. Mit den Erleichterungen bei der Blue Card hat die Koalition die Voraussetzungen für den Zuzug in einem ersten Schritt bereits verbessert. Weitere Schritte hin zu einer bedarfsorientiert gesteuerten Zuwanderung und einer Willkommenskultur müssen aus Sicht der Liberalen folgen. Daher sprechen sich die Liberalen für die doppelte Staatsbürgerschaft sowie ein Zuwanderungsmodell anhand eines Punktesystems aus.
Vielfalt in der Arbeitswelt im Blick
Der Mittwoch begann für mich mit einem Arbeitsfrühstück auf Einladung von Daimler zum Thema Diversity, also Vielfalt in Unternehmen. Gemischte Teams arbeiten effizienter, so sagen uns Studien immer wieder. Für mich ist das nur logisch, Männer, Frauen, Junge und Alte – unterschiedliche Menschen bringen unterschiedliche Erfahrungen und Fähigkeiten mit und gemeinsam werden sie ein gutes Team. Darauf zu achten wird den Unternehmen immer wichtiger. „Die Jungen sind zwar schneller, aber die Alten kennen die Abkürzungen.“ Gerade Ältere haben am Arbeitsmarkt in der Realität oft schlechtere Chancen – das kann und darf nicht sein. Glücklicherweise erkennen auch das immer mehr Unternehmen und holen teilweise sogar schon frühere Arbeitnehmer zurück, damit ihr Erfahrungsschatz nicht verloren geht. Wir Liberale setzen uns sehr dafür ein, die Chancen Älterer am Arbeitsmarkt zu verbessern und unnötige starre Altersgrenzen abzubauen. Außerdem geht es bei Diversity auch um Internationalität und darum, dass genug Frauen in Führungspositionen kommen. Bei Daimler wird ein zu geringer Frauenanteil seit einiger Zeit sanktioniert: so müssen Manager bei Versäumnissen mit Abschlägen von 10 bis 20 Prozent ihrer Boni rechnen.
Neuausrichtung der Bundeswehr
Donnerstagfrüh gab Verteidigungsminister Thomas de Maizière eine Regierungserklärung zum Stand und zu den Perspektiven der Neuausrichtung der Bundeswehr ab. Bei der Umsetzung der Bundeswehrreform, liefe alles nach Plan. Sie war wegen der veränderten Sicherheitsbedingungen geworden. Die Bundeswehr benötigt dringend neue Strukturen, Prozesse und Personalumfänge, die dem Wandel der demografischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen und den nationalen Interessen gewachsen sind.
Wir haben als FDP gemeinsam mit dem Koalitionspartner eine Kommission eingesetzt, die Vorschläge für die Eckpunkte einer neuen Organisationsstruktur der Bundeswehr inklusive einer Straffung der Führungs- und Verwaltungsstrukturen erarbeitet hat, auch Familienfreundlichkeit ist dabei ein wichtiges Thema. Dazu bereite ich fraktionsintern gerade ein Positionspapier vor, denn die Frage von flexiblen Arbeitszeiten, Eltern-Kind- Arbeitszimmern und oder von verlässlichen und flexiblen Angeboten zur Kinderbetreuung machen auch nicht vor der Bundeswehr Halt. Gerade Soldatinnen und Soldaten brauchen in dieser Beziehung besondere Unterstützung: häufige Umzüge, Auslandeinsätze, eine Tätigkeit, die dem einzelnen und seiner Familie viel abverlangt. Ich habe einige Standorte besucht und bin im Austausch mit meinem ehemaligen Kollegen und Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus und dem Bundeswehrverband und weiß ganz gut, wo der Schuh drückt. Betriebs-Kitas sind beim „Bund“ absolut Mangelware, dringend nötig sind daher zum Beispiel Verträge mit Kommunen, damit Kinder von Soldatinnen und Soldaten bei einem Umzug an einem neuen Standort nicht leer ausgehen.
EU-Beitritt Kroatiens
In namentlicher Abstimmung stimmte der Bundestag für die Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union als 28. Mitgliedsstaat. 2011 hatten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet, den Deutschland nun ratifiziert und damit den Weg der Kroaten in die EU ebnet. Zwar zeigt der Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission, dass Kroatien die notwendigen Reformen hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung angegangen ist, der weitere Reformdruck muss aber aufrechterhalten bleiben.
Regierungserklärung zur nuklearen Entsorgung
Heute früh gab Bundesumweltminister Peter Altmaier eine Regierungserklärung zur nuklearen Entsorgung ab. Der Minister will sich dafür einsetzen, eine Regelung „im Konsens“ mit der Opposition und den Ländern zu finden. Diskutiert wird ein Gesetzentwurf der schwarz-gelben Regierungskoalition für ein Standortauswahlgesetz für radioaktive Abfälle. Geregelt werden darin die einzelnen Verfahrensschritte für die ergebnisoffene Suche und Auswahl eines Standortes für den sicheren Verbleib radioaktiver Abfälle.
Nun starte ich in ein langes Wochenende, das ich mit meiner Familie verbringen werde.
Ich wünsche auch Ihnen ein schönes und erholsames Pfingstwochenende und grüße Sie aus Berlin,
Ihre
Nicole Bracht-Bendt