Trendwende ohne Quote

5. Juni 2013

Die Liberalen setzen sich für die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen ein. Bei einer Veranstaltung im Bundestag zum Thema „Trendwende ohne Quote“ diskutierten FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle und FDP-Frauenpolitikerin Nicole Bracht-Bendt mit Experten und interessierten Bürgern über Möglichkeiten zur nachhaltigen Gerechtigkeit und zur Stärkung der Wirtschaft.

Denn Deutschland braucht die Kompetenzen der Frauen. Es wäre „volkswirtschaftlich dumm“, wenn ein Land auf die Hälfte seiner Begabung verzichten würde, in Führungspositionen sowie in anderen Bereichen, stellte Brüderle klar. Allerdings gebe es bessere Wege als eine Quote, Defizite zu beseitigen und Gerechtigkeit im Berufsleben herzustellen. Der Fraktionschef bekräftigte die liberale Ablehnung jeglicher von der Politik fixierten Quote. „Wir haben 18 Millionen Frauen in Deutschland, die berufstätig sind. Deren Probleme werden sich nicht daran lösen, ob wir durch gesetzliche Vorgaben den Anteil von Frauen in den Dachsaufsichtsräten zwangsweise erhöhen“, erklärte er.. Es müsse beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert und die verschiedenen Lebensbereiche in einen „vernünftigen Ausgleich“ gebracht werden, forderte der Liberale.

Familienfreundliche Arbeitskultur schaffen

In einem Positionspapier der FDP-Bundestagsfraktion, „Für mehr Frauen in Führungspositionen, Vorständen und Aufsichtsräten: Rahmenbedingungen für mehr Teilhabe verbessern“, fordern die Liberalen unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung von „qualitativen und zeitlich flexiblen Angeboten“ bei der Kinderbetreuung auszubauen. Die FDP will die Kooperation von Kindertagesstätten und Tagespflege unterstützen sowie die Eigeninitiative von Unternehmen, die eine nahtlose Rückkehr an den Arbeitsplatz nach der Elternzeit ermöglichen.

Wesentlich sei aber auch die Flexibilisierung von Arbeitszeiten. „Wir brauchen einen Mentalitätswandel – weniger Anwesenheitskultur und mehr Offenheit“, heißt es im Papier. Gute Möglichkeiten seien unter anderem eine Flexibilisierung der Arbeitszeit bei Erreichbarkeit über das Handy oder den Laptop, im Rahmen von Gleitzeit und Teilzeit sowie Jobsharing-Modellen oder längeren Freizeitblöcken („Sabbaticals“).

Die Trendwende ist auf gutem Weg

Die staatlich verordnete Frauenquote sei für die Liberalen nie eine Option gewesen, betonte die Sprecherin für Frauen und Senioren der FDP-Bundestagsfraktion, Bracht-Bendt. Eine Quote für Aufsichtsräte sei überflüssige Symbolpolitik, die gegen Aktionärsrechte verstoße, kritisierte die Liberale. Die unternehmerische Freiheit dürfe nicht angetastet werden. Vielmehr müsse die mangelhafte Vertretung von Frauen an den Wurzeln bekämpft werden. Dies gelte besonders für die mittleren Managementetagen, wohin Frauen erst gelangen müssten, um in die Spitzenpositionen zu kommen, aber auch in erster Linie für die Förderung von jungen Frauen an der Universitäten und Schulen.

Bracht-Bendt sieht die Entwicklung in diesem Bereich positiv. „Ich bin davon überzeugt, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagte sie. Eine Trendwende sei klar erkennbar. Nach Zahlen der Personalberatungsgesellschaft Egon Zehnder gingen 40 Prozent der neu zu besetzenden Aufsichtsratposten des vergangenen Jahres an Frauen.

Brüderle bekräftigte diese hoffnungsvolle Statistik. Die Zahl der Frauen in Aufsichtspositionen in DAX-Unternehmen sei von 2011 auf 2012 um 63 Prozent gestiegen, erklärte der Fraktionschef. Solche Trends zeigten, dass eine Verbesserung auf dem Weg sei. Außerdem lobte Brüderle die äußerst positive Entwicklung beim Anteil der hervorragend ausgebildeten Frauen sowie die starke Rolle der Frauen in mittelständischen und Familienunternehmen. Weitere Schritte bei der Förderung von Frauen in Gremien und Vorstandspositionen seien aber noch nötig.

Frauen für die MINT-Fächer gewinnen

Allerdings gebe es zu wenig weibliche Studienanfänger in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). „Es gibt keinen Grund, weshalb Frauen es nicht genauso gut können wie Männer“, stellte Brüderle klar. Frauen hätten die gleichen Fähigkeiten und daher gebe es in diesem Bereich eine doppelte Herausforderung: Mehr Frauen dafür zu interessieren aber auch insgesamt mehr Menschen in Deutschland für diese Fächer zu gewinnen. Nur so könne Deutschland seine starke Innovationskultur für die Zukunft sichern, sowie angesichts der zunehmenden Globalisierung wettbewerbsfähig bleiben, erklärte der Liberale.

Kompetenzen durch Mentoring-Programme stärken

Nicht nur externe Faktoren seien bei der Besetzung von Spitzenpositionen von Bedeutung. „Für Toppositionen braucht es Mut und Spaß an der Macht“, betonte Bracht-Bendt. Es gehe deshalb um die Frage, wie Frauen stärker motiviert werden können, sich nach vorne zu stellen. Dafür seien beispielsweise Mentoring-Programme eine große Hilfe, um einen selbstbewussten Auftritt im Berufsleben zu entwickeln. Jungen Frauen und Mädchen müssten ihre Optionen und die nötigen Abschlüsse und Ausbildungswege dafür viel früher klargemacht werden, forderte die Liberale.

Eigene Erfahrungen der Experten

Die anwesenden Experten bekräftigten die Bedeutung solcher Förderprogramme. Unter anderem sollen Mentoring-Programme Frauen dabei helfen, sich besser zu präsentieren und für sich einzutreten, sowie eine „empathische Autorität“ zu vermitteln, die vielen Frauen schwer falle, so die Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charite, Isabella Heuser.

Gabriele Sons, Mitglied des Vorstandes und Chief Human Resources Officer der ThyssenKrupp Elevator AG, verdeutlichte mit einer Anekdote, dass insbesondere junge Frauen in ihrem Selbstvertrauen bestärkt werden müssten, beispielsweise durch gezielte Programme und Trainings. Sie selbst habe dies zu Beginn ihrer Zeit bei einer männlich dominierten Firma lernen müssen, als ein Kollege von gleicher Qualifizierung bei der Dienstwagen-Zuteilung bevorzugt werden sollte und sie sich erfolgreich dagegen wehrte. So ein Vorgehen sei aber äußerst schwierig für viele Frauen, die sich nicht trauen, Ansprüche geltend zu machen, so Sons.

Liberaler Einsatz für Chancengleichheit

Deshalb tragen die Liberalen auch mit eigenem Mentoring-Programme dazu bei, dass junge Frauen bei der Entdeckung ihrer Stärken gefördert werden. Darüber hinaus will die FDP alte Geschlechterrollen in der gesellschaftlichen Umgebung verändern und neue Denkansätze schaffen. Dafür seien die anderen Mentalitäten der jüngeren Generationen hoffnungserregend, erklärte Bracht-Bendt. Viele der jüngeren Frauen wollten keine Quote, weil sie sich als gleichermaßen stark verstanden und wettbewerbsfähig werden wollten. Auch die jungen Männer hielten die Gleichberechtigung und Fähigkeiten der Frauen für eine Selbstverständlichkeit.

Deswegen wollen die Liberalen der Trendwende weiter Tempo geben. Mit Aktionen wie Kurz-Coachings beim Ladies Lunch der FDP-Bundestagsfraktion oder der liberalen Beteiligung am alljährlichen Entgeltgleichheitstag „Equal Pay Day“ in Berlin will die FDP-Fraktion ein entsprechendes Signal senden und Chancengerechtigkeit für Frauen voranbringen.

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