Berlin, den 17. Januar 2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
hinter uns liegt eine kurze Sitzungswoche in Berlin, und vor uns liegt der mit großer Spannung erwartete Sonntag mit der Landtagswahl. Dann werden wir klarer sehen, ob der gemeinsam engagiert geführte Wahlkampf belohnt wird. Nach den desaströsen Prognosen habe ich vergangenen Sonntag in Verden einen kämpferischen Spitzenkandidaten Stefan Birkner und Vorsitzenden Philipp Rösler erlebt. Das gilt auch für die Großveranstaltung mit Birkner und Wirtschaftsminister Bode gemeinsam mit Außenminister Westerwelle und Gesundheitsminister Bahr in Celle. Hier habe ich einen positiven Stimmungswechsel erlebt: Wir wollen die erfolgreiche christlich-liberale Koalition fortsetzen und Rot-Grün verhindern. Und das wird uns gelingen. Zuerst in Hannover, dann im Bund.
Drama Hauptstadt-Airport: Ende nicht in Sicht
Zurück nach Berlin. Das Chaos um den neuen Hauptstandflughafen hat uns auch im Plenum in einer Aktuellen Stunde beschäftigt. Es ist doch ein schlechter Witz, wenn Herr Wowereit durch Herrn Platzeck ausgetauscht wird, der die bisherigen Entscheidungen alle mitgetragen hat. Hier muss schleunigst frischer Wind von außen rein. Gefragt ist ein Macher von außen, der Ordnung schafft. Es kommen immer mehr Fehler zutage, schon die Vorgehensweise bei der Planung und der Vergabe von Großprojekten liefen chaotisch ab. Kosten wurden herunter gerechnet, um die beteiligten Gremien und die Öffentlichkeit zu überzeugen . Heute wurde bekannt, dass erst 2015 mit der Inbetriebnahme des Flughafens zu rechnen sei. Peinlich und äußerst unerfreulich, weil wir Steuerzahler die Zeche zu zahlen haben!
Verabschiedung Jahressteuergesetz
Zur Abstimmung über das Jahressteuergesetz habe ich eine persönliche Erklärung abgegeben, weil ich den Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses abgelehnt habe. Der enthaltenen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht habe ich zugestimmt. Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen eingetragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht abzubauen sind. Dabei sind wir in der Koalition mit der Union ein gutes Stück vorangekommen. Im steuerlichen Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer erreicht.
Dem Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz kann ich nicht zustimmen: Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Regelungen sicherstellen, dass zukünftig auch bei Konzernumstrukturierungen immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeit sollen aber Umstrukturierungen öffentlicher Gebietskörperschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft gegenüber öffentlichen Körperschaften. Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familienunternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet. Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürgerinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer halben Milliarde Euro zusätzlich.
Ich werde mich auch weiterhin für eine steuerrechtliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften einsetzen, bin aber nicht bereit, dafür den von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zuzustimmen. Die Verknüpfung des für mich wichtigen gesellschaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den Mittelstand und damit die Belastung von Arbeitsplätzen empfinde ich in höchstem Maße als unseriös.
Anhörung zu Frauen in Führungspositionen
Quote ja oder nein – diese Frage, über die nunmehr seit zwei Jahren kontrovers gerungen wird, war am Mittwoch Thema einer Anhörung von Sachverständigen im Rechtsausschuss. Die Argumente waren keineswegs neu, aber in dem sehr konstruktiven Schlagabtausch von ausgewiesenen Experten aus Wirtschaft, Verbänden, Wissenschaft und dem Juristinnenbund wurden die unterschiedlichen Positionen, wie mehr Frauen in Führungspositionen kommen, noch einmal deutlich: Die Befürworter einer starren 40-Prozent-Quote für Aufsichtsräte weisen darauf hin, dass jahrelange Appelle an die Unternehmen zu wenig gebracht haben. Es ist richtig, dass Frauen in den Kontrollgremien immer noch die große Ausnahme darstellen, aber gerade im letzten Jahr ist (vermutlich aufgrund des öffentlichen Drucks…) ist hier vieles in Bewegung gekommen. Von den in 2012 neu zu besetzenden Posten waren immerhin 40 Prozent Frauen, so viel wie noch nie. Meine Fraktion hält eine Quote für einen schwer wiegenden Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Wirtschaft, der aus unserer Sicht der Verfassung widerspricht. Obwohl die Opposition (am Mittwoch war es die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die die Anhörung beantragt hatten) nicht locker lässt mit ihrem gebetsmühlenartig vorgetragenen Ruf nach einer Quote als Allheilmittel, waren wir erfolgreich in unserem konsequenten Nein. Der FDP-Fraktion ist es gelungen, die Quote für Deutschland erst mal zu verhindern.
Heute Nachmittag habe ich im Plenum in der Debatte um den Ausbau der Kita-Förderung gesprochen und keinen Hehl daraus gemacht, dass sich die Drohgebärden des Deutschen Städte- und Gemeindebundes für unerträglich halte. Es waren die Länder und Kommunen, die die vom Bund bereitgestellten Mittel für den Bau von Kita-Plätzen nur schleppend und bislang unzureichend abgerufen haben. Und laut Pressemitteilung vom Städte- und Gemeindebund soll der Bund nun in Mithaftung genommen werden, wenn Eltern ab nächstem Jahr den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz geltend machen und keinen Platz finden. Das ich reichlich unverfroren! (siehe meine Rede im Wortlaut in der Anlage).
Gerne weise ich Sie auf die FAZ-Sonntagszeitung am kommenden Sonntag hin, in der ich Stellung nehme zur Ankündigung der Union, eine Gesetzesinitiative zu starten mit dem Ziel, gleiche Gehälter für Männer und Frauen gesetzlich vorzuschreiben. Gleiche Bezahlung für Männer und Frauen muss natürlich selbstverständlich sein, aber auch hier hat der Gesetzgeber sich raus zu halten. Hier sind die Tarifpartner gefordert, Arbeitgeber und Gewerkschaften und natürlich die Betriebsräte. Wenn es heute noch Unterschiede gibt, haben doch die Gewerkschafter versagt. Die Ankündigung der Union, hier gesetzlich was machen zu wollen, ist nichts anderes als Wahlkampfgetöse. Jeder weiß, dass im Februar im Kabinett die letzten Gesetze auf den Weg gebracht werden.
Beste Grüße aus Berlin,
Ihre
Nicole Bracht-Bendt