Antrag von CDU und FDP-Fraktion

Donnerstag 08. März

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

Mehr Frauen als Männer haben in Berlin einen Hochschulabschluss. Mädchen sind heute erfolgreicher als Jungen in der Schule. Ihr Weg bis zum Schulabschluss ist kürzer. Und sie besuchen öfter ein Gymnasium als Jungen. Das gilt auch für ausländische Schülerinnen. Dies ist das Ergebnis einer noch druckfrischen Studie des Berliner Senats.

Der Report zeigt allerdings auch, dass sich der Bildungserfolg von Frauen noch nicht auszahlt. Rund 40 Prozent der 35 bis 55jährigen Männer haben ein  monatliches Netto-Einkommen von über 1.500 Euro. Bei den Frauen sind es nur 32 Prozent. Mit steigendem Alter wird diese Kluft noch größer. Frauen gehören weitaus öfter als Männer zu den  Geringverdienenden und selten zu Spitzenverdienern. Teilzeitarbeit ist so gut wie weiblich. Da hat auch der Versuch der großen Koalition, mehr Männer für Teilzeitstellen zu motivieren, so gut wie nichts bewirkt. 32 Prozent der weiblichen Beschäftigten arbeiten Teilzeit, ein Drittel davon allerdings unfreiwillig .Da sind wir wieder bei der unzureichenden Kinderbetreuung.

Allein erziehende Frauen beziehen durchschnittlich am häufigsten Arbeitslosengeld II.

Diese aktuellen Zahlen bringen auf den Punkt, warum wir auch im Jahr 2010 den Internationalen Frauentag zum Anlass nehmen sollten, um offene Fragen anzusprechen.

Die CDU/CSU- und FDP-Fraktionen haben  heute einen Antrag eingebracht. Darin weisen wir darauf hin, dass sich der Anteil der Frauen, die fürs Familieneinkommen sorgen, in den letzten 15 Jahren von rund 6 auf fast 10 Prozent erhöht hat. Im Osten sogar von 10 auf 13 Prozent. Die Frage der Frauenerwerbstätigkeit, ihrer Einkommens- und Aufstiegschancen wird damit für den Lebensalltag von immer mehr Familien immer wichtiger.

Dabei müssen wir feststellen: Obwohl in Deutschland heute knapp 60 Prozent der Hochschulabsolventen Frauen sind, lag laut Statistischem Bundesamt 2008 der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern weiterhin bei 23 Prozent. Deutschland liegt damit im europäischen Vergleich auf einem der letzten Plätze.

Es gibt viele Ursachen für Lohnunterschiede. 1. Viele junge Mädchen entscheiden sich immer noch für die als klassisch weiblich gelttenden Berufe. Das Problem ist, viele davon sind eine Einbahnstraße. es sind Berufe, die keinen beruflichen Aufstieg möglich machen. 2. Wenn Frauen sich der Familie zuliebe für mehrere Jahre aus dem Beruf ausklinken, haben sie später schlechte Karten. Durch die  geringere  Berufserfahrung verdienen sie weniger als männliche Kollegen. 3. Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, führen häufig dazu, dass Frauen nur Teilzeit arbeiten.

Meine Damen und Herren,

weniger Geld ist das eine Problem, das  jedes Jahr an dieser Stelle aufs neue angeprangert wird. Dass Frauen in leitenden Positionen nach wie vor deutlich  unterrepräsentiert sind, ist das andere. In der Privatwirtschaft beträgt ihr Anteil an Führungspositionen rund 27 Prozent, im Öffentlichen Dienst 23 Prozent. Sehen Sie sich zum Beispiel in den Redaktionen und Sendeanstalten um. Mehr als 50 Prozent sind heute Journalistinnen. Je weiter es aber nach oben in der Hierarchie geht, umso dünner wird die Luft. Chefredakteurinnen machen gerade ein Prozent aus..  Hinzu kommt: Frauen, die hier Karriere machen, sind überdurchschnittlich oft kinderlos. Dies gilt aber bekanntlich nicht nur für den Medienbereich.

Warum ist das so, das Frauen häufig einen Rückzieher machen, wenn Vorstandsposten und leitende Funktionen ausgeschrieben werden? Wenn kleine Kinder da sind und die Tagesstätte um Punkt Fünf schließt, ist eine Tätigkeit, bei der frau nicht pünktlich Feierabend machen kann, eine Illusion. Von Wahlfreiheit für Frauen, insbesondere für Alleinerziehende,  kann erst die Rede sein, wenn auch das Infrastrukturangebot bei der Tagesbetreuung stimmt. Aber der fehlende Kindergartenplatz ist nicht das einzige Motiv. Häufig fehlt es Frauen auch an Selbstbewusstsein.. Frauen netzwerken  selten. Seilschaften sind für sie immer noch etwas Unanständiges, während es für Männer als klarer Karrierevorteil selbstverständlich ist. Ich rate allen Frauen, mehr Eigen-PR zu leisten, offensiv für sich eintreten – auch bei Gehaltsverhandlungen.

Wenn wir über Gleichstellungspolitik reden, denke ich aber nicht nur an Frauen in der obersten Etage.

Wir sollten am Frauentag auch an Frauen denken, die – aus welchen Gründen auch immer – ein niedriges Gehalt  und dementsprechend wenig Rente später zu erwarten haben. Verheiratete Frauen, die immer auf das Familieneinkommen des Ehemannes angewiesen waren, verfügen meistens nur über wenig Altersvorsorge.  Altersarmut wird in einigen Jahren weiblich sein. Hier darf niemand die Augen davor  schließen, hier müssen wir  heute gegen steuern.  Laut einer OECDStudie von 2007 gilt als sicher, dass der Anteil der Menschen, deren Alterssicherung unter der Grundsicherung im Alter liegt, in den nächsten Jahren drastisch zunimmt.

Gleichstellungspolitik muss zum Ziel haben, soziale Risiken in den Lebensläufen zu erkennen. Wir brauchen familien-, gleichstellungs- und kinderfreundliche Lebens- und Arbeitsbedingungen. Ich möchte nochmal den Begriff Wahlfreiheit benutzen:  Denn ob Mütter oder Väter berufstätig sind und in welchem Umfang wird erst wirklich frei entschieden werden können, wenn die  Kinderbetreuung stimmt. Hier sind die Kommunen gefordert.

Aber auch die Unternehmen sind in der Pflicht. Wir brauchen familienfreundliche Arbeitszeitmodelle. Das dient auch den Männern. Denn immer mehr Männer geben sich nicht mehr mit der Rolle des Feierabend-Vaters zufrieden. Sie wollen stärker im Familienleben eingebunden sein. Diese Entwicklung ist sehr erfreulich.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch mal sagen: Die Zeit der Lila-Latzhosen-Frauenpolitik ist  vorbei. Heute muss es darum gehen, das umzusetzen, worüber wir jahrelang diskutiert haben. Frauen sind hier auch in der Pflicht. Wir müssen eigenverantwortlich und selbstbewusst für unsere Rechte eintreten. Bei dem heutigen Internationalen Tag der Frauen sollte es  nicht ausschließlich um die Belange der Frauen gehen. Wir alle sind in der Pflicht, dass wir  uns  alle mit allen Mitteln für die Gleichberechtigung von Frauen u n d Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen einzusetzen. Wir müssen heute die Weichen stellen, damit Benachteilungen in Wirtschaft, Arbeitswelt, Politik und Gesellschaft endlich ausgeräumt werden.

Vielen Dank.

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