Meine Woche in Berlin (26)

27. Januar 2011

Heute geht die erste Sitzungswoche im Bundestag in diesem Jahr zu Ende – eine Woche, die voll gepackt war mit Sitzungen im Plenum bis in die Nacht, Vorbereitungen für Anträge (zum Beispiel mein Antrag zur Frauenpolitik, den ich mit der Unionsfraktion einbringe), der Vorbereitung eines Expertengesprächs am 23. März (Wende möglich auch ohne Quote?) sowie meiner Rede am Donnerstagabend zu Mehrgenerationenhäuser.

Bevor ich darauf etwas näher eingehe, möchte ich kurz an die beste Auftakt-Meldung, die ich mir wünschen kann, erinnern: Den Jahreswirtschaftsbericht von Minister Brüderle:  Die Bundesregierung erwartet im Jahresdurchschnitt 2011 einen Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts von 2,3 Prozent. Damit hat unsere Wirtschaft  2010 das Comeback des Jahres hingelegt. Mit einem Rekordwachstum von 3,6 Prozent hat uns die Wirtschaft aus dem Konjunkturkeller katapultiert. Die Zahlen deuten darauf hin, dass auch 2011 wird ein gutes Jahr. Laut Brüderle hat der Aufschwung  mit dem Export und der Binnennachfrage zwei feste Standbeine. Den Aufschwung haben wir den Menschen im Land zu verdanken, die jeden Morgen von neuem die Ärmel hochkrempeln. Aber auch die Bundesregierung hat ihren Anteil daran: Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist seinem Namen gerecht geworden. Die Entlastung aus 2010 von über 24 Milliarden Euro hat gewirkt. Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft ist aber kein Selbstläufer. Wir müssen deshalb die Wachstumsgrundlagen durch eine konsequente Konsolidierung der öffentlichen Haushalte weiter voranbringen. Mit der Konsolidierung müssen wir die Spielräume für die notwendigen Entlastungen von Bürgern und Unternehmen schaffen. Ich hoffe sehr, dass uns die steuerliche Entlastung vor allem der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen noch in dieser Legislaturperiode gelingt.

Dioxin-Skandal

Das unangenehmste Thema, das uns nicht nur in Berlin sondern im ganzen Land betroffen gemacht hat, ist der Dioxinskandal. Ich bin immer fassungslos, wenn ich von Menschen erfahre, die aus Profitgier in Kauf nehmen, dass Verbraucher zu Schaden kommen. Den Aktionsplan „Unbedenkliche Futtermittel, sichere Lebensmittel, Transparenz für den Verbraucher“ von Bundesministerin Aigner und den Ländern unterstützen wir in der FDP-Bundestagsfraktion. Er enthält die Maßnahmen, die von der FDP bereits am 10. Januar vorgeschlagen wurden. Wichtig ist eine Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe einzuführen, Produktionsströme von Futtermitteln und technischen Stoffen konsequent zu trennen sowie Kontrollen zu standardisieren und zu verbessern. Betriebe sollen künftig verpflichtet werden, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.
Futtermittel sind Lebensmittel für Tiere. Abfallentsorgung durch den Tiermagen war und ist nicht akzeptabel. Die FDP wird sich deshalb für eine rasche Umsetzung des Aktionsplans einsetzen. Das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher muss wieder hergestellt werden. Eine akute Gesundheitsgefahr ging glücklicherweise jedoch weder von den belasteten Eiern, noch von dem belasteten Schweinefleisch aus, wie das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) festgestellt hat.

Machen wir uns nichts vor – der Aktionsplan kann kriminelle Handlungen in der Futter- und Lebensmittelproduktion nicht verhindern. Er ist aber ein Weg, künftiges Fehlverhalten schneller aufzudecken und – was für mich sehr wichtig ist – dass die Verbraucher umfassender informiert und die Verursacher zur Rechenschaft gezogen werden. Darüber hinaus sind wir in der Pflicht, mit der Wirtschaft Strategien zu entwickeln, wie vermieden werden kann, dass Dioxine überhaupt in die Umwelt gelangen. Zudem müssen die Analysemethoden der Labore verbessert und beschleunigt werden.

Afghanistan

Unsere Fraktion hat am Dienstag in einem Beschluss  die Position von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) in der Afghanistan-Politik voll unterstrichen. Ich selber begrüße, dass, wenn möglich, mit einer stufenweisen Reduzierung der Zahl der Soldaten bereits Ende 2011 begonnen werden soll.

Wir Liberale teilen ausdrücklich die in London von den am ISAF-Einsatz beteiligten Ländern und der afghanischen Regierung verabschiedete Position, bis Ende 2014 den Prozess der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung abzuschließen. In unserem Beschluss hat die Fraktion die Bundesregierung offiziell aufgefordert, darauf hinzuwirken, im verstärkten Maße die notwendigen politischen Voraussetzungen für einen Truppenabzug zu schaffen.

Fraktionschef Westerwelle machte darauf aufmerksam, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Der Bundestag muss also bei Entscheidungen zum Einsatz in Afghanistan eingebunden sein.  Ob, wann und in welcher Form die Bundeswehr also zum Einsatz kommt, wird immer die Zustimmung des Parlaments erfordern. Auch jede Änderung der Höchstgrenze der einzusetzenden Soldaten muss von den Abgeordneten gebilligt werden.

Kinderkommission

Jetzt zurück zu meiner eigentlichen Zuständigkeit als Sprecherin für Frauen, Senioren und Mitglied der fraktionsübergreifenden Kinderkommission: Bei einem Gespräch im Schloss Bellevue sicherte uns Bundespräsident Christan Wulff seine Unterstützung unserer Arbeit in der Kinderkommission zu. Meine Kolleginnen und mein Kollege aus den anderen Fraktionen hoben hervor, dass insbesondere die Stärkung von Kindern aus sozial-schwachen und bildungsfernen Familien unser Ziel ist.

Frauenpolitik

Auch 2011 wollen wir den 8. März als Internationaler Frauentag zum Anlass nehmen, im Bundestag einen Frauenantrag zusammen mit der CDU einbringen. Was die Ziele generell betrifft, sind wir Liberale uns mit unserem Koalitionspartner Union einig. Ich mache aber keinen Hehl daraus, dass wir in einigen Fragen allerdings unterschiedlicher Auffassung sind. Hier haben wir uns in dieser Woche in intensiven Gesprächen mit Kolleginnen der Union auf Kompromisse verständigt, die wir gemeinsam tragen können. Was die Frauenpolitik angeht, so wird in der Öffentlichkeit der Ruf nach einer Frauenquote immer lauter. Dass sogar Familienministerin von der Leyen jetzt per Interview der Wirtschaft mit einer Quote droht, hat mich diese Woche irritiert. Als Mitglied der  Bundesregierung sollte sie meiner Meinung erst mal dafür sorgen, dass der Koalitionsvertrag erfüllt wird. Er ist für mich Grundlage des Vorgehens unserer Koalition. Und darin steht unmissverständlich drin, dass wir zunächst mehr Transparenz und die Offenlegung der Gehaltsstrukturen wollen und auf eine freiwillige Selbstverpflichtung setzen. Nichts desto trotz: Auch der jüngste Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) aus dieser Woche hat wieder gezeigt, dass Vorstandsebenen und Führungspositionen allgemein in Deutschland immer noch fest in Männerhand sind. Das will ich anders haben. Es ist paradox, wenn immer Frauen hervorragend ausgebildete Frauen auf den Arbeitsmarkt sind, bessere Abschlüsse an den Universitäten machen und der Anteil an Managerinnen stagniert. Aber ich halte unverändert daran fest, dass die Quote nur die Symptome lindern würde und nicht die Ursache.

Ich stehe gerne für Vorträge und Diskussionen in Niedersachsen zu diesem Thema zur Verfügung.

Mehrgenerationenhäuser

In meiner Rede am Donnerstagabend im Plenum zu einem SPD-Antrag zur Zukunft von Mehrfamilienhäuser machte ich klar, dass es mit uns Liberalen keinen warmen Dauerregen für Mehrgenerationenhäuser geben wird. Was vor fünf Jahren Frau von der Leyen als damalige Familienministerin als Pilotprojekt auf den Weg gebracht wurde, kann nicht vom Bund als langfristiges Geschenk an Länder und Kommunen ausarten. Ein Pilotprojekt ist dazu da, Ländern und Kommunen bei wichtigen Projekten unter die Arme zu greifen, wenn diese nicht dazu in der Lage sind. Während eines auf fünf Jahre angelegten Projektes ist genügend Zeit für die beteiligten Städte, für eine langfristige Finanzierung in die Wege zu leiten, zum Beispiel durch Sponsoren. Deshalb erwarte ich auch vom Folgeprogramm der Bundesregierung, das Ministerin Schröder im Dezember angekündigt hat, dass ausschließlich bestehende Einrichtungen für weitere fünf Jahre gefördert werden, wenn diese eigene finanzielle Strukturen entwickeln.

Aktuelle Stunde wegen Kommunismus-Äußerungen

Zum Abschluss der ersten Sitzungswoche des Bundestages haben Vertreter aller anderen Parteien scharf mit der Linke-Chefin Gesine Lötzsch wegen ihrer Kommunismus-Äußerungen abgerechnet. Gesine Lötzsch war im übrigen ebensowenig wie Gregor Gysi oder Sarah Wagenknecht dabei anwesend. Das war eine spannende und beeindruckende Debatte, ein fraktionsübergreifendes Pladoyer dafür, dass unser Land keine neuen Wege beschreiten wird, um Kommunismus auszuprobieren. Wo immer Wege zum Kommunismus ausprobiert wurden, endete es in Terror und Unterdrückung, war der Tenor der Beiträge, die ich voll und ganz mittrage.

Sie hören nächste Woche wieder von mir – denn am Dienstag schon geht es mit der zweiten Sitzungswoche in Berlin weiter. Wir haben viel vor in diesem Jahr – lassen wir es gemeinsam anpacken. Unterstützen Sie uns mit Anregungen, aber auch ruhig mit Kritik – ich bin optimistisch, dass wir aus dem noch unruhigen Fahrwasser wieder heraus kommen, wenn wir unseren liberalen Überzeugungen treu bleiben.

Herzliche Grüße aus dem wieder winterlich kalten Berlin,

Ihre/Eure

Nicole Bracht-Bendt

Wahlkreisbüro: Kirchenstraße 1, 21244 Buchholz i.d. Nordheide

Tel. 04181/21 87 869 Fax 04181/21 87 886

Email: Nicole.Bracht-Bendt@wk.bundestag.de

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