Liebe Frau Roberts,
liebe Parteimitglieder,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

vielen Dank für die Einladung. Ich komme immer gerne nach Lüneburg. Als Abgeordnete des Nachbarwahlkreises Harburg fühle ich mich auch mit Ihnen hier in Lüneburg verbunden.

Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir ein Jahr nach dem hervorragenden Wahlergebnis bei der Bundestagswahl mit den augenblicklichen Umfrageergebnissen alles andere als zufrieden sind. Seit Wochen liegen wir bei 5 Prozent – das ist wahrlich kein Grund, sich zurück zu lehnen. Es bezweifelt wohl niemand in unserer Fraktion, dass wir Liberale einen holprigen Start hingelegt haben. Einer der Hauptursachen für die Unzufriedenheit unserer Wähler liegt meiner Meinung nach in einer zu hohen Erwartungshaltung an die Durchsetzungsfähigkeit gegenüber unserem Koalitionspartner CDU. Viele Wählerinnen und Wähler haben der FDP ihre Stimme gegeben, weil sie unsere Forderungen zur Steuerpolitik unterstützen. Mehr Netto vom Brutto, eine groß angelegte Steuerreform – mit diesen Kernzielen sind wir damals – und ich auch – in den Wahlkampf gezogen.  Vielleicht wollten wir nicht wahrhaben, dass eine Umsetzung unserer Politik nicht schnell möglich ist wie wir uns dies gewünscht haben. Immerhin haben wir mit der CDU einen Koalitionspartner, der unsere Forderungen mittragen muss. Und hier haben wir noch dicke Bretter zu bohren. Wir brauchen einen langen Atem.

Nichts desto trotz ist uns vieles gelungen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mich darüber ärgere, wenn in der Öffentlichkeit die ersten Erfolge, und zwar Erfolge, die die Bürgerinnen und Bürger bereits im Portmonnaie spüren, kaum wahr genommen werden.

Die Liberalen im Deutschen Bundestag haben zum Beispiel Investitionserleichterungen für den Mittelstand durchgesetzt. Und dass das Schonvermögen für Hartz IV-Bezieher verdreifacht wurde. Damit hat die FDP in den ersten Tagen unserer Regierungszeit mehr soziale Sensibilität gezeigt als die SPD in den gesamten elf Jahren. Auch die höheren Freibeträge und das gestiegene Kindergeld gehen auf Forderungen der Liberalen zurück.

Wenn ich die Kritik höre, die christlich liberale Koalition habe noch nichts geleistet, ist das ungerechtfertigt. Mit der Abstimmung über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat der Bundestag bereits zehn Wochen nach der Wahl ein erstes wichtiges Projekt auf den Weg gebracht.  In Zahlen ausgedrückt sind dies 8,4 Mrd. Euro Entlastung für Eltern, Unternehmen, Erben und Hoteliers.

Einige Eckpunkte:

Das Gesetz sieht die Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags von derzeit 6024 Euro auf 7008 Euro vor. Zugleich wird das Kindergeld um 20 Euro pro Kind auf jeweils 184 Euro beim ersten und zweiten Kind erhöht, für das dritte Kind werden künftig 190 Euro und ab dem vierten Kind jeweils 215 Euro gezahlt. Hier werden vor allem Familien mit Kindern in unteren und mittleren Einkommensbereichen gefördert. Bei höherem Einkommen wird das Kindergeld mit dem Kinderfreibetrag verrechnet.

Auch bei der Erbschaftsteuer werden Familien entlastet. AB 2010 gelten nun auch für Geschwister, Nichten und Neffen familiengerechtere Steuersätze.

Hervorheben will ich auch die beschlossenen Verbesserungen bei der Nutzung von Verlusten bei Unternehmensbeteiligungen, die Abmilderung der Krisen verschärfenden Besteuerung von gewinnunabhängigen Elementen bei der Gewerbesteuer und die leichtere erbschaftsteuerfreie Übertragung von Unternehmen auf die nächste Generation. Alle diese Maßnahmen stärken die Konjunktur und sichern Arbeitsplätze.

Kommen wir zurück zu Heute.

Genauer gesagt zur ersten Lesung des Bundeshaushalts 2011 letzte Woche.

Dass die Opposition die Regierung dabei kritisiert, ist normal bei einer Haushaltsdebatte. Wenn der Genosse Sigmar Gabriel den Haushaltsentwurf aber  als – ich zitiere – kalt und unsozial – abkanzelt, ist das unverschämt.

Wir können leider nicht mit dem Scheckheft durch die Gegend laufen.

Trotzdem ist es uns gelungen, einen Haushalt aufzustellen, der die Schwächsten der Gesellschaft, nämlich die Kinder, im Fokus hat. Familien brauchen Zeit, Geld und Infrastruktur, und diese Herausforderungen nimmt der Haushalt an.

Die Koalition verfolgt durch Senken der Ausgaben ein klares Ziel. Unsere Kinder können nicht auf Schuldenbergen nicht spielen. Und Schuldenberge führen irgendwann dazu, dass der Staat nicht mehr seine sozialen Verpflichtungen den Schwachen gegenüber erfüllen kann. Das wollen wir verhindern.

Die Opposition sagt, wir müssen sparen, fordert aber zu jedem Einzelhaushalt mehr. Das halte ich für abstrus. Die Koalition ist jetzt auf einem guten Weg und wir werden im Laufe der Haushaltsberatungen Schritt für Schritt umsetzen, was wir uns vorgenommen haben. Insofern stehen arbeitsintensive Wochen an, die bestimmt noch die ein oder andere kontroverse Diskussion über die bessere Lösung mit sich bringen werden.

In der Seniorenpolitik will Ministerin Schröder in Kürze die Pflegezeit für Berufstätige auf den Weg bringen. Das ist angesichts der demografischen Entwicklung eine wichtige Sache. Jeder Dritte pflegt schon heute einen Angehörigen. Wer berufstätig ist, steckt häufig im Dilemma, wie er das meistern soll. Deshalb ist es richtig, Berufstätigen eine Pflege-Auszeit aus dem Beruf zu gewähren. Als Liberale sagen wir aber, dass dieses nur auf freiwilliger Basis geschehen darf. Unternehmen dürfen nicht verpflichtet werden. Ohnehin bieten schon heute viele kleine und mittlere Unternehmen flexible Regelungen für ihre Mitarbeiter an. Problematisch sehe ich auch die Frist von zwei Jahren. Jeder weiß, Pflege ist individuell. Nicht selten beträgt die Pflegezeit bis zu sieben Jahren. Bevor das Gesetzesvorhaben im Kabinett auf dem Tagesordnung steht, erwarten wir von der Ministerin noch Antworten auf einige offene Fragen. Hier werde ich als seniorenpolitische Sprecherin am Ball bleiben.

Ein weiteres Thema, was mich persönlich natürlich, aber auch als frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, intensiv beschäftigt, ist die Diskussion um die Einführung einer Frauenquote. Beinahe jede Woche sitze ich hierzu in Diskussionsrunden. So gut wie jedes Mal bin ich die einzige, die gegen eine staatlich verordnete Quote plädiert. Ehrlich gesagt begrüße ich die Debatte. Es besteht kein Zweifel, dass ein Wandel überfällig ist. So lange Frauen in der Führungsetage von Unternehmen und in Aufsichtsräten in Deutschland immer noch die Ausnahme sind, müssen wir darüber sprechen, woran das liegt. Für mich gibt es zwei Hauptursachen:

  1. Vorstandsposten werden vor allem in größeren Unternehmen immer noch in Männerrunden vergeben. Männer netzwerken besser, und da sollten wir Frauen uns ein Beispiel dran nehmen. Dabei ist das Kungeln der Männer kontraproduktiv. Es ist erwiesen, dass  ein gemischtes Führungsteam eines Unternehmens wesentlich produktiver und effizienter ist.
  2. Vielen Frauen fehlt leider der Mut und das Selbstvertrauen für eine Führungsaufgabe. Dies ist ein gesellschaftliches Problem.
  3. Gibt es – und das will ich gar nicht außer Acht lassen – Frauen, die glauben, berufliche Karriere und Familie nicht unter einen Hut zu bekommen.

Hier müssen wir anknüpfen, hier sind Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam gefordert. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber hier sich allein auf die öffentliche Hand zu verlassen, ist falsch.

Unternehmen sollten sich mehr Gedanken machen, was sie tun können, um Eltern – und hier meine ich nicht nur Mütter – den Spagat zwischen Beruf und Familie erleichtern können. Damit helfen sich nicht nur Eltern sondern sich selber. Heute suchen wir schon händeringend Ingenieure, in ein paar Jahren suchen wir qualifizierte Fachkräfte in allen Bereichen. Die Wirtschaft tut sich also selber einen Gefallen, wenn sie attraktive Arbeitsbedingungen schafft.

Neben dem Ausbau der Infrastruktur für Kinderbetreung setze ich auf flexiblere Arbeitszeitmodelle. Davon profitieren auch Väter. Immer mehr Väter wollen gerne mehr in die Erziehung der Kinder eingebunden sein. Ich wünsche mir, dass wir in Deutschland uns in einem Punkt an Norwegen orientieren. Dort ist es völlig normal, wenn ein Mann nachmittags plötzlich aus einer Sitzung geht, um sein Kind vom Kindergarten abzuholen.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist mir ein besonderes Anliegen. Der neueste Ravensburger Elternstudie, in der Mütter und Väter zu ihrem Wohlbefinden befragt wurden und vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, kommt zu einem zentralen Ergebnis: Fast neun von zehn Eltern wünschen sich heute mehr Zeit – Zeit für Verantwortung, Fürsorge, Zuwendung und Erholung.

Wenn wir das hin kriegen, dass Paare wieder mehr Kinder bekommen und Kinder kein Karriere-Aus darstellen müssen, wäre dies ein großer Erfolg.

Meine Damen und Herren,
ich danke Ihnen

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