Berlin, den 30. November 2012

Liebe liberale Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben es in den Medien verfolgt – am heutigen Freitag wurden wir im Plenum aufgefordert, den Änderungen des zweiten Anpassungsprogramms für Griechenland zuzustimmen, damit die nächste Tranche in Höhe von 43,7 Milliarden Euro bereitgestellt werden kann. Alle Argumente dafür, wie sie zum Beispiel von Finanzminister Schäuble in der außerordentlichen Fraktionssitzung genannt hatte, aber auch der Druck innerhalb unserer Fraktion, haben mich nicht überzeugt. Ich bleibe bei meiner ablehnenden Haltung und habe auch heute mit Nein gestimmt. Warum? Ich kann diese Ausgaben gegenüber dem Steuerzahler nicht verantworten.
Drei Gründe für meine Ablehnung möchte ich Ihnen nennen: 1. die Verschleppung der Reformen hat zu einem höheren Finanzierungsbedarf geführt, 2. weil den Bürgerinnen und Bürgern immer noch weiß gemacht wird, dass sie ungeschoren davon kommen und 3. – als überzeugte Europäerin schmerzt mich das regelrecht – haben die (in Notlage geratenen) Griechen nichts von den Hilfsmilliarden. Drei Zahlen: Von den zur Auszahlung vorgesehenen 43,7 Milliarden Euro sind nur 10,6 Milliarden Euro für den Defizitausgleich des griechischen Budgets gedacht. Dagegen sind 23,8 Milliarden für die Abwicklung und Rekapitalisierung des griechischen Bankwesens vorgesehen. Ich schließe mich der Rede meines Fraktionskollegen Frank Schäffler an, der im Plenum klar gemacht hat: Gerettet wird nicht die griechische Bevölkerung. Wer der Hilfe zustimmt, der kann dies also nicht mit seiner Solidarität begründen – für die man überdies auch noch die Steuerzahler bezahlen lässt.
Die so genannte Griechenland-Hilfe dient weder Europa noch Griechenland, sondern ist und bleibt eine Subventionsmaschine für Griechenlands Gläubiger und die Gläubiger seiner Banken. Die Anpassung des Programmes, über das wir heute namentlich abgestimmt haben, verschleiert und verschleppt meiner Überzeugung nach die seit 2010 anhaltende Insolvenz Griechenlands.

Was passierte sonst noch in dieser Sitzungswoche?

Als frauenpolitische Sprecherin begann für mich die Woche wieder mit dem Thema Frauenquote. Den Vorstoß der EU-Kommission zur Einführung der Quote für Aufsichtsräte lehne ich nicht nur inhaltlich ab, weil es eine Einmischung in die unternehmerische Freiheit ist. Außerdem ist die EU gar nicht zuständig. Bei allem, was die Mitgliedstaaten besser national regeln können, darf die EU laut den EU-Verträgen gar nichts machen – und gegen dieses Subsidiaritätsprinzip verstößt sie mit ihrem Richtlinienvorschlag. Daher ist es nun Sache der nationalen Regierungen, dagegen vorzugehen. Die FDP-Fraktion steht da eindeutig, ob die CDU/CSU mitmacht, ist aber noch nicht klar. Anscheinend wollen sie abwarten – und das Thema Frauenquote für sich im Wahlkampf nutzen.

Wir entlasten kleine Unternehmen von Bilanz-Bürokratie. Unternehmer sollen sich auf ihr Geschäft konzentrieren können und nur so viel Bürokratielast tragen, wie es unbedingt nötig ist. Dieser Leitidee fühlen wir uns als FDP-Bundestagsfraktion verpflichtet, sie steht im Mittelpunkteines Gesetzentwurfs. Vom Kleinstkapitalgesellschaften- Bilanzrechtsänderungsgesetz (Micro-BilG) werden ca. 500.000 kleine Unternehmen in Deutschland profitieren mit bis zu 700.000 Euro Umsatzerlöse bzw. 350.000 Euro Bilanzsumme.

Am Donnerstagabend haben wir in erster Lesung den „Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte“ beraten. Ziel ist, mit der gestern auf den Weg gebrachten zweiten Stufe der Insolvenzrechtsreform eine Beschleunigung des Restschuldbefreiungsverfahrens im Verbraucherinsolvenzverfahren zu erreichen. Mit den Neuregelungen soll Menschen, die in eine finanzielle Notsituation kommen, schneller als bisher die Möglichkeit eines Neuanfangs gegeben werden. Die Beschleunigung ist auch im Interesse der Gläubiger, weil die Schuldner so einen gezielten Anreiz erhalten, möglichst viele ihrer Verpflichtungen zu bezahlen.

Weiterer Schwerpunkt des Entwurfs ist die Zulassung des Insolvenzplanverfahrens nun auch im Verbraucherinsolvenzverfahren als eine weitere Möglichkeit, dass sich Schuldner und Gläubiger über die Begleichung der Verbindlichkeiten einigen. Der Entwurf enthält zudem zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der Gläubigerrechte, um die derzeit bestehenden praktischen Probleme bei der Wahrnehmung der Gläubigerrechte im Restschuldbefreiungsverfahren zu beseitigen. Diese Maßnahmen werden begleitet von der effektiveren Ausgestaltung des Einigungsversuchs im Verbraucherinsolvenzverfahren sowie der Einführung eines Schutzes von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften vor Verlust ihrer Genossenschaftswohnung.

Der Bundestag hat am Donnerstag das Patientenrechtegesetz beschlossen. Damit erhalten Versicherte mehr Rechte gegenüber Ärzten, Kliniken und Krankenkassen.

Durch das Gesetz wird die Bewilligung von Leistungen durch die Krankenkassen beschleunigt: Wenn sich die Kasse auf einen Antrag nicht innerhalb von drei Wochen meldet, kann sich der Patient das nötige Mittel, zum Beispiel den Rollator, selbst besorgen und bekommt die Kosten später erstattet. Die Leistung wird also automatisch genehmigt, wenn sich die Krankenkasse nicht rührt. Darüber hinaus werden Krankenhäuser zur Einführung eines Beschwerdemanagements und eines Fehlermeldesystems verpflichtet. Kommt es dennoch zu Fehlern, sind Krankenkassen künftig verpflichtet, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen. Das Gesetz stärkt zudem die Einsichtsrechte von Versicherten in ihre Patientenakte, das ist sehr erfreulich.

Vermutlich haben Sie davon gelesen, einen Tag nachdem der neue Haushalt verabschiedet worden war, haben die CDU-Frauen einen Zuschuss für Haushaltshilfen für Frauen, die nach der Geburt eines Kindes schnell wieder in den Beruf zurückkehren wollen. Das gehört nun wirklich auf den Wunschzettel für den Weihnachtsmann, und das habe ich auch in folgender Pressemitteilung begründet:

„Schönen Gruß an den Weihnachtsmann

Der Vorschlag aus der Union, Frauen mit staatlich finanzierten Zuschüssen für Haushaltshilfen die Rückkehr in den Beruf zu erleichtern, ist perfekt für den Wunschzettel für alle, die an den Weihnachtsmann glauben. Die Idee einer familienpolitischen Leistung für junge Eltern ist nicht neu, aber jeder in der Koalition weiß, dass es dafür keine Gegenfinanzierung gibt. Die FDP-Bundestagfraktion hat diese Initiative daher längst auf Eis gelegt, weil das Familienministerium bislang nicht dargestellt hat, woher die veranschlagten 35 Millionen Euro kommen sollen. Mit wohl klingenden, aber utopischen Weihnachtswünschen den Wahlkampf ausgerechnet einen Tag nach der Verabschiedung des neuen Haushalts einzuläuten, ist unseriös.

Wichtigste Voraussetzung für eine schnelle Rückkehr von Müttern und Vätern in den Beruf ist eine flächendeckende Kinderbetreuung. Hier hat die Bundesregierung mit ihrem Kita-Ausbau-Programm vorgelegt, jetzt sind die Länder und Kommunen in der Pflicht, damit alle Eltern – sofern dies möchten – schnell wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden.“

Als seniorenpolitische Sprecherin war für mich der Familienausschuss am Donnerstag sehr interessant: Frau Prof. Dr. Ursula Lehr, ehemalige Bundesgesundheitsministerin und heutige Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) hat im zuständigen Bundestagsfachausschuss beinahe eins zu eins die Forderungen unseres Seniorenantrages unterstützt. Das Leben und Wohnen im Alter müsse im Fokus der Politik stehen, dabei die liberale Forderung, ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben auch im hohen Alter zu gewährleisten.

Jetzt geht es gleich mit dem Zug zurück in den Wahlkreis, ich werde heute Abend beim Herrenabend des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden dabei sein. Morgen schaue ich bei der Ehrenamts-Ausstellung in der Buchholzer City vorbei und dann freue ich mich auf das vorweihnachtliche Zusammentreffen mit dem Ortsverband Neu Wulmstorf.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine schöne Adventszeit.

Viele Grüße,
Ihre

 

 

 

 

Nicole Bracht-Bendt

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