Liebe Parteifreunde,

nachdem ich gerade aus Rostock von der Jahrestagung der Liberalen Senioren zurück nach Buchholz gekommen bin, will ich mich noch bei Ihnen mit einem Rückblick auf die letzte Sitzungswoche in Berlin melden. Die Wahl des neuen Bundespräsidenten am 30. Juni durch die Bundesversammlung sorgt in Berlin unverändert für Zündstoff. Kann sich der niedersächsische Ministerpräsident Wulff auf die komfortable Mehrheit in der Bundesversammlung verlassen oder wird der von der Opposition präsentierte Überraschungskandidat Joachim Gauck neuer Präsident? Ich war jedenfalls überrascht, dass ich mit meiner Kolumne in den Harburger Nachrichten für Wirbel gesorgt habe. Ich hatte darin zum Ausdruck gebracht, dass der langjährige Stasi-Jäger für mich der ideale Kandidat für das höchste Amt im Staate ist. Der Pfarrer ist ein wertvoller Ratgeber und er wäre zudem ein gesamtdeutscher Präsident. Zudem wäre seine Ernennung durch die Koaltion ein mutiges Zeichen für einen Neuanfang. Herausgestrichen habe ich, dass Gauck stets den freiheitlichen Gedanken in den Fokus seiner Reden stellt. Das hat mich immer beeindruckt. Auf der anderen Seite mache ich keinen Hehl daraus, dass ich mir auch Arbeitsministerin von der Leyen aus Niedersachsen gut in dem Amt vorstellen kann. Diese tatkräftige Politikerin meiner Generation hat gezeigt, dass frau auch ohne Quote an ihr Ziel kommt. Für meinen Kommentar habe ich zustimmende mails bekommen, aber auch Kritik. Ein Bundestagkollege aus der Union hat ultimativ schriftlich angefragt, ich werde doch wohl nicht als Mitglied der Koalitionsfraktionen gegen Wulff stimmen. Dazu kann ich nur sagen: Man wird wohl noch eigenverantwortlich denken dürfen. Ich bin mir natürlich meiner Verantwortung bewusst und werde dieKkoalition nicht gefährden. Wohl weiß ich auch die gute Zusammenarbeit mit der christlich-liberalen Koalition zu schätzen.

Der Name des Kandidaten ist das eine – geärgert habe ich mich über die Vorgehensweise bei der Benennung des Kandidaten. Ich hatte vergeblich erwartet, zu einer Sitzung nach Berlin gerufen zu werden, in der uns FDP-Abgeordneten der potenzielle Kandidat vorgestellt würde. Dass Wulff nominiert wurde, habe ich in den Nachrichten erfahren. Ich bedauere außerordentlich, dass kein gemeinsamer Kandidat von Koalition und Opposition gefunden wurde.

Sparpaket der Bundesregierung

Die Kritik aus den Reihen der Opposition im Bundestag und Gewerkschaften am Sparpaket der Bundesregierung halte ich für überzogen. In einer Presseerklärung habe ich den Standpunkt vertreten, die geplanten Einsparmöglichkeiten sollten meiner Meinung nach sogar noch weiter ausgedehnt werden. Alle Bevölkerungs- und Einkommensgruppen, von oben nach unten, sollten heran gezogen werden. Ich habe überlegt, wie ich meinen Beitrag leisten kann und habe beschlossen, 10 Prozent des aus Mitteln der Bundestagsverwaltung finanzierten Sachkostenbudgets einzusparen. Ich weiß, dies ist nur ein kleines Zeichen, aber es ist ein Anfang.

Der Schuldenstand der öffentlichen Haushalte in Deutschland wird in diesem Jahr voraussichtlich eine Größenordnung von 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Schon jetzt sind 12 Prozent des Bundeshaushalts nur für Zinsleistungen gebunden. Dieser Anteil wird noch weiter wachsen, allein durch die steigende Schuldenlast und irgendwann wieder steigende Zinsen. Und außerdem: Die Sozialausgaben machen inzwischen die Hälfte des Bundeshaushalts aus. So kann es nicht weiter gehen.

Wir müssen mehr in Arbeitsplätze investieren. Junge und gesunde Menschen, die von Hartz-IV leben, müssen motiviert werden, Arbeit anzunehmen. So lange eine Verkäuferin und ein Postbote am Ende des Monats etwa genauso viel Geld auf dem Konto haben wie eine Familie, die von Transferleistungen lebt, krankt es im System.

Den Vorwurf der SPD, die Bundesregierung schaffe durch die Streichung des Elterngeldes von Hartz-IV-Beziehern Familien zweiter und dritter Klasse, weise ich zurück. Führende Verfassungsrechtler sind zu der Auffassung gekommen, dass das Elterngeld in der Vergangenheit zu Unrecht Hartz IV-Empfängern ausgezahlt worden sei. Von der geplanten Aufstockung der Ausgaben im Bildungsbereich hingegen profieren alle Kinder. Die SPD hat keine Lösungsvorschläge präsentiert. Mit ihrer Forderung, das von der christlich-liberalen Koalition beschlossene Wachstumsbeschleunigungsgesetz wieder abzuschaffen, erweist sie den Familien einen Bärendienst. Eine Familie mit zwei Kindern hätte dadurch 480 Euro im Jahr weniger.

Unterm Strich muss allen klar sein: Wenn man nicht die Einnahmen des Staates erhöhen will, muss man eben an die Ausgaben heran gehen. Hier gibt es neben den Subventionen an die Wirtschaft, die im Rahmen des Sparpakets herunter gefahren werden, eben den größten Einzelhaushalt. 173 Milliarden Euro – exakt sind dies 54 Prozent des Haushalts – gibt der Bund dieses Jahr für Sozialausgaben aus. Wenn hier keine moderaten Kürzungen erfolgen, die hauptsächlich durch Effizienzverbesserung erreicht werden, kann man die von der Verfassung vorgegebene Schuldenbremse nur durch eine Einnahmenerhöhung einhalten. Im Anhang sende ich zwei Dokumente, die einmal in Zahlen das Sparpaket und den dahinter stehenden Zusammenhang darstellen. Mit dem nun vorliegenden Sparpaket hat der Bundestag noch nichts beschlossen. Am 7. Juli wird das Kabinett den Haushalt vorlegen. Erst dann beginnen die parlamentarischen Beratungen. Ich weise an dieser Stelle auf ein kleines Video mit meinem geschätzten Kollegen Otto Fricke hin (http://www.youtube.com/watch/?v=x3XeM5NnYUk). Otto Fricke wird am Montagabend auch bei einem Gespräch bei Phoenix die liberalen Positionen in der Sendung „Unter den Linden: Sparen, Kürzen, Abkassieren – wer zahlt die Zeche?“ ab 22.15 Uhr zu hören sein. Sein Gegenüber wird der Göttinger SPD-Abgeordnete Thomas Oppermann sein.

Lassen Sie mich noch eins zum Thema Rotstift sagen: Vergangenen Mittwoch haben die Niederländer ihre zweite Parlamentskammer gewählt. Ich finde es beeindruckend, dass die wirtschaftliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) von Mark Rutte als Sieger hervorging. Wir sollten uns ein Beispiel nehmen: Er hat die Wähler klar im Vorfeld mitgenommen und ihnen unmissverständlich gesagt, dass es zu harten Einschnitten kommen werde, um die Euro-Krise in den Griff zu bekommen.

Wahl zur Obfrau

Am Dienstag hat mich die Fraktion zur neuen Obfrau der Liberalen im Familienausschuss ernannt. Über das Vertrauen meiner Fraktion freue ich mich. Aufgabe der Obfrau ist es, alle zu behandelnden Themen im Vorfeld der Ausschussarbeit fraktionsübergreifend zu beraten. Daraus resultiert, dass man richtungsweisend Akzente setzen kann.

Süderelbe

Am Dienstagabend habe ich auf der Informationsmesse „Beschäftigungspakt 50 plus“ unter Schirmherrschaft des Bundesfamilienministeriums im Ludwig-Erhard-Haus den Stand der Initiative „Süderelbe packt an“ getroffen. Ich habe ein sehr gutes Gespräch mit den Verantwortlichen geführt und wir wollen den Austausch in Kürze bei uns im Wahlkreis fortsetzen. Anschließend war ich in meiner Eigenschaft als frauenpolitische Sprecherin zu einer Diskussion mit Journalistinnen aus ganz Deutschland eingeladen. Auch hier hatte ich darauf verwiesen, dass die Quote für uns Liberale – anders als bei den Grünen und den Linken – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kein Thema ist. Als zuständige Sprecherin meiner Fraktion werde ich darauf drängen, den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Stufenplan zur Gleichstellung von Frauen im Beruf mit Leben zu erfüllen. Ich hatte an diesem Abend zum wiederholten Male mit insgeheimen Vergnügen beobachtet, dass ich als gelernte Tischlerin (die stets auch darauf hinweist, dass ihre Förderer in der Vergangenheit überwiegend Männer gewesen sind) so gar nicht in das Feindbild FDP der( überwiegend links orientierten) Journalistinnen passte.

Der Mittwoch startete mit einem Gespräch der Verantwortlichen des Hausnotruf-Systems. Auch hier werden wir das Gespräch fortsetzen. Anschließend traf ich mich mit Vertreterinnen des Wirtschaftsministeriums. Mit ihnen erörterte ich die Marschroute der liberalen Frauenpolitik und die Situation von Frauen in Bundesbehörden. Als nächstes tagte wie in jeder Sitzungswoche mittwochs der Familienausschuss. In der Sitzung der Kinderkommission ging es vorrangig um Fragen des Kinderschutzes in Deutschland. Am Abend traf ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen der interfraktionellen Kinderkommission unter Leitung von Eckhard Pols (CDU). Nach dem Motto „Wer eng zusammen arbeitet, sollte sich auch mal bei einem Glas Wein persönlich besser kennenlernen“ .

Donnerstag und Freitag standen Sitzungen des Plenums im Mittelpunkt. Zum Ende der Sitzungswoche, am Freitagnachmittag, hatte ich noch ein beeindruckendes Gespräch mit führenden Wissenschaftlerinnen der Fraunhofer Gesellschaft aus der Kommission Gleichstellungsbericht. Sie berichteten über erste Ergebnisse der Untersuchungen zur Situation von Frauen in Deutschland, der in wenigen Monaten offiziell Ministerin Schröder überreicht werden soll.

Zwei Erfolgsmeldungen zum Schluss: 1. Ich freue mich, dass nun auch die Bundeskanzlerin nicht abgeneigt ist, der Forderung von Verteidigungsminister zu Guttenberg nach Aussetzung des Wehrdienstes zu unterstützen. Eine urliberale Forderung! 2. Die Entscheidung von Rainer Brüderle gen Staatsbürgschaften von Opel war und ist die ordnungspolitisch richtige Entscheidung. Für Opel dürfen nicht andere Kriterien gelten als für andere Unternehmen, die sich um Hilfe aus dem Deutschlandfonds bemühen.

Liebe Freunde,

jetzt freue ich mich auf das erste Spiel der Deutschen heute Abend bei der WM in Südafrika gegen Australien. Ich bin sicher, Sie wünschen sich auch insgeheim, dass sich das Sommermärchen wie 2006 wiederholen wird. Positive Stimmung in diesem Land tut so gut! Das habe ich auch Lena, der sympathischen Siegerin des Eurovision Song Contests aus Hannover vor zwei Wochen in einem Glückwunsch-Mail geschrieben.

Ich melde mich nächste Woche wieder – der Sitzungsmarathon in Berlin geht am Montag in die nächste Runde.

Ihre/Eure Nicole Bracht-Bendt

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