Als FSJ-ler im Bundestag
Seit dem 1. Oktober hat das Büroteam von Nicole Bracht-Bendt im Bundestag Zuwachs: Oliver Schaub, 19jähriger Berliner, der im Sommer Abitur gemacht hat und das neue Angebot des Freiwilligen Sozialen Jahres – Politik nutzt.
Hier seine ersten Eindrücke nach knapp zwei Monaten:
Mein Name ist Oliver Schaub. Seit dem 1. Oktober dieses Jahres mache ich im Abgeordnetenbüro von Nicole Bracht-Bendt ein Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben (FSJ-P).
Es gibt erst seit zwei Jahren die Möglichkeit, ein parteiunabhängiges FSJ im Deutschen Bundestag zu absolvieren. Ich habe mich bewusst dafür entschieden – Wo kann man Politik erleben, wenn nicht hier? Gleichzeitig erhoffe ich mir eine gute Qualifikation für das künftige Studium.
Und warum im Abgeordnetenbüro von Nicole Bracht-Bendt?
Das große Thema von Nicole Bracht-Bendt sind Menschen, bei den Liberalen im Bundestag ist sie Sprecherin für Frauen und Senioren und Mitglied der Kinderkommission. In ihre Zuständigkeit fallen auch die Contergan-Opfer. Das heißt ob Mann oder Frau, jung oder alt, eingeschränkt oder nicht- meine Chefin engagiert sich für ganz persönliche Belange von Menschen. Diese Themen sind für mich greifbar und wichtig.
Unabhängig von den politischen Themen, die Nicole Bracht-Bendt behandelt, bin ich vor allem froh über die herzliche Atmosphäre, die ich hier vom ersten Gespräch an bis heute erlebe.
Wenn man an das Wort „Büro“ denkt, hat man möglicherweise einen grauen Alltag mit nervigen Leuten und despotischen Vorgesetzten im Kopf. Ich darf sagen: Nichts davon trifft bei mir zu.
Frau Bracht-Bendt ist eine ehrliche und gutherzige Chefin und sehr in ihrer Heimat verwurzelt.
Ich darf überaus nette Leute meine Kolleginnen nennen, die mir geduldig den Einstieg in die Berufswelt ermöglichen. Und von allem im Team habe ich bereits viel gelernt.
Auch wenn man es nicht erwarten mag, ist hier ein grauer Alltag kaum möglich. Durch den Wechsel von sitzungsfreien- und Sitzungswochen alternieren Faschausschüsse mit Bürgerbriefen. Neue Themen und interessante Kontakte aus Politik, Wirtschaft und Verbänden ergeben sich so gut wie jeden Tag.
Als FSJ-ler bin ich stolzer Inhaber eines Mitarbeiterausweises des Deutschen Bundestages. Das heißt, ich habe jederzeit Zugang zu allen Häusern des Bundestages rings um das Reichstagsgebäude bis hin in die Wilhelmstraße.
Es ist keineswegs so, dass bei meiner Bürotätigkeit ausschließlich meine Künste im Umgang mit dem Locher abgerufen werden. Von Anfang an darf ich vielen anspruchsvollen Aufgaben nachgehen: Ich setze mich mit Gesetzestexten auseinander, mache Übersichten und Recherchen zu unterschiedlichsten Themen und darf auch eigene Texte schreiben, was mir besonders Spaß macht.
Ich nehme an Fachausschuss-Sitzungen teil, hier findet die eigentliche politische Diskussion statt, hier wird auch die Marschrichtung vorgegeben, wie Anträge formuliert werden und wie am Ende im Plenum darüber abgestimmt wird.
Und weil sich die Chefin auch bei allem Engagement nicht zerteilen kann, darf ich sie bei manchen Veranstaltungen vertreten. Dadurch habe ich die Chance, interessante Reden zu hören, prominente Persönlichkeiten aus nächster Nähe und besondere Stimmungen hautnah zu erleben.
Was den Büro-Alltag betrifft, bekomme ich einen guten Einblick in Organisation und Koordination vieler Aufgaben gleichzeitig. Wovon ich auch ganz persönlich profitiere: Ich bin dabei, meine anfängliche Zurückhaltung zu überwinden, wenn man täglich auf neue, einflussreiche Menschen aus der Politik trifft.
Meine Arbeit im Bundestag hat mir ein neues Verhältnis zu Medien und Politik beschert: Seit ich im Bundestag bin, sehe ich Nachrichten viel konzentrierter. Und die Möglichkeit, jede Zeitung im Überblick zu haben, bietet mir einen differenzierteren, objektiveren Blick auf die Dinge.
Viele Menschen meinen, dass sie bei Politik nicht ganz durchsteigen, weshalb sie es auch nicht probieren. Ich dagegen weiß mittlerweile, dass das nur im ersten Moment so wirkt. Für mich ist es vergleichbar mit den Hallen und Gängen des Bundestages: Am ersten Arbeitstag glaubte ich, dass ich mich hier niemals zurechtzufinden werde. Doch schon nach kurzer Zeit kannte ich die vielen, teilweise unterirdischen Wege und finde mich überall zurecht. So ähnlich geht es mit politischen Themen. Wer sich darauf einlässt, versteht vieles besser. Bei einem Gebäude bleibt man ja auch nicht am Eingang stehen.
Woran denken Sie eigentlich beim Wort „Bundestag“? Dass dies mehr ist als Plenarsaal und Kuppel des Reichstagsgebäudes, ist klar. Aber vor meiner Zeit im Bundestag hatte ich keine Vorstellung davon, was für ein gewaltiger Verwaltungskomplex dahinter steckt.
Politikern wird häufig fehlender Einsatz vorgeworfen. Das kann ich jedenfalls nach zwei Monaten in einem Abgeordnetenbüro nicht bestätigen. Im Gegenteil. Ein Blick in den vollen Terminkalender einer ganz normalen Sitzungswoche spricht für sich.
Ich bin stolz, im Deutschen Bundestag mitarbeiten zu dürfen.
Oliver Schaub