Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit 1991 unter einer christlich-liberalen Bundesregierung das erste Seniorenministerium in Europa gegründet wurde, hat sich viel getan. Positiv wie Negativ.

In Deutschland wurde sehr früh erkannt, welch gewaltigen Umwälzungen uns durch den demografischen Wandel aber auch durch eine Gesellschaft des längeren Lebens bevorstehen.

Frau Prof. Lehr ist es zu verdanken, dass sie die Altenberichte der Bundesregierung ins Leben gerufen hat und somit sehr früh in Deutschland eine wissenschaftliche – aber eben auch eine gesellschaftliche Diskussion – über das Alter und das Altern angestoßen hat.

Trotz dieses frühen Erkennens wurden teils verheerende Fehlentscheidungen getroffen, ich möchte hier nur für den Bereich der Arbeitswelt die Frühverrentung und den falschen Hang zum Jugendzentrismus bei Neueinstellungen hervorheben. Der so wichtige Punkt der Erfahrung spielte häufig keine Rolle mehr. Das Altersbild der Gesellschaft wurde teilweise negativ wahrgenommen.

Einerseits waren Ältere noch nie so fit und leistungsfähig in ihrem jeweiligen Lebensalter wie heutzutage, andererseits traut die Gesellschaft Älteren häufig gar nichts mehr zu.

Beim Seniorentag letzte Woche in Hamburg wurde sehr deutlich, dass der 6. Altenbericht der Bundesregierung die Gemüter bewegt. Die Thematik Altersbilder legt den Finger in eine klaffende Wunde der Gesellschaft.

„Ja zum Alter“ war der Titel des 10. Seniorentages und der Hamburger Erklärung, die die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen BAGSO und ihrer 110 Mitgliedsorganisationen zum Abschluss verabschiedet hat.

20.000 engagierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich in Hamburg versammelt und zeigen deutlich: wir leben in einer starken Gesellschaft mit starken engagierten Verbänden, Dafür möchte ich an dieser Stelle auch einmal deutlich Danke sagen!

Politik lebt von diesem wichtigen Austausch mit den Bürgern. Mich hat es persönlich gefreut, dass in vielen Vorträgen und Diskussionsforen Thesen vertreten wurden, die die Koalition bereits im Antrag „Altersbilder positiv fortentwickeln“ aufgegriffen hat.

Das gewählte Motto „Ja zum Alter“, heißt „Ja“ zu einem möglichst gesunden Älterwerden.

Es ist aber auch ein entschiedenes „Ja“ zu einem Annehmen des eigenen Alters und dessen Akzeptanz.

Und es ist ein deutliches „Nein“ zu allen Formen der Diskriminierung.

Womit sich der Kreis zum 6. Altenbericht schließt.

Er macht deutlich, dass die dominierenden Altersbilder in den zentralen Bereichen der Gesellschaft, etwa in der Arbeitswelt, in der Bildung, der Wirtschaft, der Politik, beim freiwilligen Engagement oder in der medizinischen und pflegerischen Versorgung – der Vielfalt des Altersbilds häufig nicht gerecht werden.

Es gibt eben nicht die eine Altersform, sondern viele individuelle Formen des Alters. Die Diskussion über Altersbilder und den demografischen Wandel muss in den Köpfen und Herzen der Menschen ankommen. Wir müssen uns auch selbst fragen, wie wollen wir selbst im Alter leben und behandelt werden?

Nun kann man positive und realistische Altersbilder nicht verordnen oder verschreiben. Sie entwickeln sich in den Köpfen der Menschen, und zwar in einem weitgehend unbewussten Prozess.

Je mehr positive Beispiele ich von älteren Menschen sehe, desto mehr ändert sich mein Bild vom Alter.

Es ein wichtiger Schritt, alle Altersgrenzen kritisch zu hinterfragen, sie prägen ganz besonders unser Altersbild. Ich bin überzeugt, fast alles kann weg.

Wir haben einen Bundepräsidenten, 72 Jahre alt – was ich als ausgesprochen positiv empfinde. Bundespräsident darf er werden, Bürgermeister nach vielen Gemeindeordnungen nicht – zu alt. Völlig absurd.

Der Bundestag hat mit breiter Zustimmung – auch der SPD – beschlossen das Renteneintrittsalters bis zum Jahr 2030 schrittweise auf 67 zu erhöhen, was auch für Berufsfeuerwehren gilt. In der Freiwilligen Feuerwehr kann es sein, dass Sie in einem Bundesland leben, in dem Sie mit 65 ausscheiden müssen. Auch völlig absurd.

Vielleicht ist es ja bereits eine Folge des Altenberichts und unserer Diskussionen darüber, dass ältere Menschen nicht mehr ausschließlich in Werbespots für Haftpulver bei dritten Zähnen im Fernsehen zu sehen sind.

Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung positiver und realistischer Altersbilder spielt das Ehrenamt. Der neue Bundesfreiwilligendienst ist ein hervorragendes Beispiel, wie bürgerschaftliches Engagement durch die ältere Generation gelebt wird.

Die Nachfrage gerade von Älteren übertrifft alle Erwartungen.

Bürgerschaftliches Engagement mildert einerseits die Folgen des demografischen Wandels und bietet andererseits Raum für neue Aktivitäten.

Es gilt, älteren Menschen neue Wege für Selbst- und Mitverantwortung in der Gesellschaft zu ebnen.

Die Koalition will aber nicht nur für Stärken und Potenziale des Alters sensibilisieren. Das Alter konfrontiert uns auch mit Grenzen.

Dem haben wir uns als Koalition angenommen und die Familienpflegezeit auf den Weg gebracht.

Auch Gesundheitsminister Daniel Bahr hat einen ersten großen Schritt gewagt, der endlich Leistungen der Pflegeversicherung auch für Demenzkranke ermöglicht. Hierauf haben viele Menschen lange gewartet.

Eine alternde Gesellschaft muss sicherstellen, dass dem einzelnen Menschen in jeder Phase des Lebens eine soziale Teilhabe möglich ist. Ein selbstbestimmtes Leben muss auch im Alter oberstes Ziel sein.

Das setzt Barrierefreiheit im privaten und öffentlichen Bereich und den verstärkten Einsatz technischer Assistenzsysteme voraus.

Der Ausbau seniorengerechten Wohnraums ist hierbei eine zentrale Zukunftsaufgabe.

Aber Barrierefreiheit darf nicht an der Wohnungstüre enden.

Hier sind die Kommunen besonders in der Pflicht.

Das Europäische Jahr für Aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen wird die Koalition nutzen um die berechtigten Anliegen der älteren Generation voranzubringen. Unser Antrag skizziert diesen Weg.

Vielen Dank.

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