HAN-Kolumne „Brief aus Berlin“ von Nicole Bracht-Bendt MdB
In den vergangenen zehn Jahren haben in Deutschland mehr als 800.000 ältere Beschäftigte zusätzlich Arbeit gefunden. Das hat gerade die Bundesagentur für Arbeit gemeldet. War der Anteil der 55- bis 64jährigen im Jahr 1999 noch bei knapp 2,8 Millionen, so weist die Statistik zehn Jahre später exakt 3,6 Millionen aus. Dabei handelt es sich ausnahmslos um sozialversicherungspflichtige Jobs.
Dass es heute mehr alte Menschen gibt als noch vor zehn Jahren ist nicht die einzige Ursache. Diese Entwicklung zeigt auch ein verändertes Verhalten der Arbeitgeber. Der Jugendwahn in den Unternehmen ist zu Ende – endlich! Hinzu kommt, dass viele Frühverrentungsprogramme ausgelaufen sind und die betroffenen älteren Arbeitnehmer, anders als befürchtet wurde, danach nicht arbeitslos wurden. Im Gegenteil: Auch die Arbeitslosenquote der Älteren nimmt merklich ab. Waren 1999 in Deutschland noch 950.000 Ältere ohne Jobs, so hat sich deren Zahl bis zum Jahr 2009 auf 496.000 fast halbiert. Die Beschäftigungsquote für Ältere hat sich wesentlich günstiger entwickelt als in anderen Altersgruppen. Zugleich geben die Daten keinen Hinweis darauf, dass diese Entwicklung auf dem Rücken der jüngeren Arbeitnehmer ausgetragen wird.
Als Sprecherin für Senioren der FDP-Bundestagsfraktion begrüße ich die jüngsten Äußerungen des Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, der sich dafür ausgesprochen hat, dass es ein festes Renteneintrittsalter künftig gar nicht mehr geben sollte. Viele ältere Arbeitnehmer wollen heute länger arbeiten. Dadurch würden die Potenziale des Alters würden viel stärker genutzt, und der demografische Wandel wird sogar zur Chance.
Die vergangene Woche erhobene Forderung von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, die beschlossene Rente mit 67 auszusetzen, ist hingegen reine Stimmungsmache. Schließlich war es die SPD, die die Rente mit 67 eingeführt hat.
Dabei dürfen wir nicht ignorieren, dass viele Versicherte nicht bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten können oder wollen. Die FDP-Bundestagsfraktion spricht sich deshalb für einen flexiblen Übergang vom Erwerbsleben in die Rente aus. Mit dem Ziel einer möglichst langen Teilhabe älterer Beschäftigter am Erwerbsleben – aber auf Grundlage einer eigenen, freien Entscheidung. Ein starres Renteneintrittsalter entspricht nicht mehr der heutigen Arbeitswelt und den Lebensplänen moderner Rentnerinnen und Rentner.