Liebe Freunde,
heute melde ich mich unmittelbar nach dem Bundesparteitag in Köln. Für mich am erfreulichsten war die Rede des neu gewählten Generalsekretärs Christian Lindner (mit 95,6 Prozent!), der die Delegierten mit seinen Forderungen an die Erneuerung des Sozialstaats mitriss. „Die Mitte der Gesellschaft ist solidarisch, aber Solidarität ist ein kostbares Gut“.
Die vorangegangene Sitzungswoche in Berlin war von Asche geprägt. Die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull war der Grund, warum im Plenum einige Sitze frei blieben. Auch eine meiner Mitarbeiterinnen im Berliner Büro hat die Auswirkungen erfahren. Aus ihrem kurzen Städte-Trip nach Athen wurde unfreiwillig ein längerer Zwangs-Urlaub. Da alle Fähren geschlossen waren, musste sie, genauso wie etliche weitere Mitarbeiter des Bundestages und tausender anderer Urlauber und Dienstreisende ausharren. Am Freitag kam die sms: „Bin endlich wieder in Berlin gelandet“. Wie wahrscheinlich kein anderes Ereignis der letzten Jahrzehnte haben diese Tage uns daran erinnert, wie groß die Bedeutung funktionierender Transport- und Logistikketten für unsere moderne Gesellschaft ist. Meinen Dank und Respekt für die gute Arbeit der Flugsicherung, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und des Verkehrsministeriums. Verkehrsminister Ramsauer hat in dieser schwierigen Situation, für die wir keinerlei Erfahrungswerte haben, umsichtig gehandelt und Sicherheit oberste Priorität eingeräumt.
Herausragendes politisches Thema war die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zu den immer umstrittener werdenden Afghanistan-Einsätzen der Bundeswehr. Sie hat darin alles gesagt, was zu sagen ist (www.bundestag.de). Für mich zeigt der Afghanistan-Einsatz und die Debatte immer wieder, wie schwierig es ist, richtige Entscheidungen, die Opfer fordern, vor sich und der Bevölkerung zu verantworten. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal an die sieben Soldaten erinnern, die in den letzten Wochen in Afghanistan ihr Leben gelassen haben. Als ich vor zwei Wochen den Familien der damals getöteten Soldaten aus Niedersachsen meine Anteilnahme aussprach, hatte ich nicht damit gerechnet, dass nun schon wieder Todesopfer zu betrauern sind. In Gedanken sind wir bei ihren Eltern, Frauen, Kindern und Geschwistern.
Im Familienausschuss hatten wir in dieser Woche die neue Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, zu Gast. Ich empfand die Vorstellung ihrer künftigen Arbeit als sehr erfreulich und konkret. „Jeder Mensch, unabhängig von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Religion, Weltanschauung, Alter und sexueller Identität, ist gleich wichtig und hat die gleichen Rechte. Mein Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass Vielfalt uns alle voranbringt. Eine diskriminierungsfreie Gesellschaft ist nicht nur lebenswerter, sondern auch leistungsfähiger“, sagte die neue Leiterin. Ihr Ziel sei es, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz mit Leben zu füllen, es auch im Alltag durchzusetzen. Auf meine Frage, wie groß der Anteil derer sei, die sich aufgrund ihres Alters diskriminiert fühlen, sagte Christine Lüders, ältere Menschen machten ein Drittel jener aus, die sich an die Antidiskriminierungsstelle wenden. Diese Auskunft bestätigt meine Politik als seniorenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Ich setze mich dafür ein, dass Menschen nicht aus Altersgründen zwangsweise aufs Abstellgleis gestellt werden.
Grußwort 60 Jahre Müttergenesungswerk
Am Donnerstag erinnerten wir uns in einem Festakt an die Gründung des Müttergenesungswerks. Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus wies ich als Rednerin der FDP-Bundestagsfraktion darauf hin, dass Mütter heute wie damals viel Energie brauchen. Für Kinder, Haushalt, Beruf, für Angehörige, die sie pflegen. Wenn dann noch eine Krankheit oder eine Krise im Leben dazu kommt – dann ist höchste Zeit, dass Mütter etwas unternehmen. Als frauenpolitische Sprecherin der Liberalen im Bundestag sagte ich stellvertretend für die Fraktion, es ist ein Segen, dass Elly Heuss-Knapp vor 60 Jahren das Müttergenesungswerk gegründet hat.
Die Gesundheit und die Gesunderhaltung zu stärken, war das Ziel der Elly-Heuss-Knapp-Stiftung. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Denn Mütter tragen auch heute noch in den meisten Familien die Hauptverantwortung. Eine Studie des Bundesfamilienministeriums von 2007 hat gezeigt, dass 2,1 Millionen Mütter kurbedürftig sind. Das dürfen wir nicht ignorieren. Die FDP-Bundestagsfraktion wird das Müttergenesungswerk auch künftig unterstützen.
Ein spannendes Thema diskutierten wir auch in der anschließenden Sitzung der Kinderkommission: Alkoholwerbung und Jugendliche. Eine Vertreterin der Werbewirtschaft wies darauf hin, dass sich die meisten Unternehmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung unterwerfen. Gerügt worden seien 7 Prozent der vorgestellten Werbebotschaften. Der Aussage der Werbewirtschaft, Werbung habe keinen nennenswerten Einfluss auf den Alkoholkonsum von Jugendlichen, widersprach ein Vertreter der Wissenschaft allerdings vehement. Ein schwieriges Thema, finde ich. Als Liberale lehne ich grundsätzlich unnötige Verbote ab, auf der anderen Seite konnte ich mir meine persönlichen Erfahrungen nicht verkneifen: Ich wies darauf hin, dass bei Partys meiner Söhne mit Vorliebe ein und dasselbe Getränk getrunken wird. Und zwar ein Kräuterlikör, der sowohl in Zeitungen als auch auf Plakaten breit beworben wird. Ich machte keinen Hehl daraus, dass ich stark anzweifele, dass dieser besagte Kräuterlikör ohne den Werbespot mit den sprechenden Hirschen solch ein Kultgetränk geworden wäre.
Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche und grüße diesmal aus dem Wahlkreis.
Ihre/Eure Nicole Bracht-Bendt