Meine Woche in Berlin (22)

17. November 2010

Berlin, 12. November 2010

Liebe Parteifreunde,

sehr geehrte Damen und Herren,

Der Abschluss der Haushaltsberatungen und die Gesundheitsreform  sind zwei Eckpfeiler für eine ganze Reihe wichtiger Projekte, die in der heute zu Ende gegangenen Sitzungswoche vom Bundestag auf den Weg gebracht wurden.

Ich bin zufrieden, dass es unserer Koalition mit dem Bundeshaushalt 2011 gelungen ist, erstmals einen Sparhaushalt aufzustellen. So konnten erstmals die Gesamtausgaben des Bundes gegenüber dem Vorjahr um 13,7 Mrd. Euro und damit um 4,3% abgesenkt werden. Die Nettkokreditaufnahme konnte in den Haushaltsberatungen von den noch im vergangenen Juli im Regierungsentwurf ausgewiesenen 57,5 Mrd. Euro um 9,1 Mrd. Euro auf 48,4 Mrd. Euro gesenkt werden.

Daran hat der Haushalt Arbeit und Soziales – seit Jahr und Tag mit Abstand der dickste Brocken – einen angemessenen Anteil. Mit 13,3 Milliarden Euro liegt dieser Etat 2011 um 1,9 Milliarden Euro unter dem Haushaltsplan 2010. Damit werden die Ausgaben gegenüber dem Entwurf noch einmal um 556 Millionen Euro abgesenkt. Das ist eine Bilanz, mit der sich die Koalition sehen lassen kann.

Neben den strukturellen Einsparmaßnahmen im Bereich Arbeitslosengeld II spiegelt sich im Haushalt Arbeit und Soziales aber auch die Besserung der Wirtschaftslage wider. Die Arbeitslosigkeit ist bekanntlich ja deutlich zurück gegangen, und die Wirtschaftsinstitute reden von spektakulären Prognosen von 3 Prozent plus. Das ist eine Super-Nachricht. Wegen der sinkenden Arbeitslosigkeit werden die Ausgaben für Arbeitslosengeld II deutlich geringer ausfallen. Deshalb wird der Ansatz um 500 Millionen Euro auf 20,4 Milliarden Euro gesenkt.

Aller Kritik der Opposition an den Einsparungen im Sozialbereich zum Trotz ist das neue Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder von Hartz IV-Empfängern und Geringverdienern ein Erfolg. 586 Millionen Euro sind hierfür eingestellt, die im kommenden Jahr Kindern zugute kommen sollen.

Vergleich mit Steinbrüch-Etat

Ein Vergleich zum alten, noch von Peer Steinbrück aufgestellten Finanzplan werden die Ausgaben bis zum Jahr 2013 um mehr als 80 Mrd. Euro zurück geführt. Eine derartige Ausgabenreduzierung hat es bislang noch nicht gegeben. Die Neuverschuldung wird gegenüber dem bisherigen Finanzplan des früheren SPD-Finanzministers im kommenden Jahr um 28,2 Mrd. Euro geringer ausfallen. Die Koalition hat damit den Beweis angetreten, dass sie den Willen und die Kraft hat, finanzpolitisch das Ruder herumzureißen und das in der Vergangenheit stetig vorangeschrittene Ausufern des Bundeshaushaltes umzukehren.

Gleichzeitig soll ein deutlicher Akzent für mehr Qualität bei Bildung und Forschung gesetzt werden, das liegt mir sehr am Herzen. Hierfür sind bis 2013 zusätzliche Ausgaben in Höhe von 12 Mrd. Euro vorgesehen. Denn Bildung und Forschung sind die zentralen Säulen für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.

Einstieg in den Systemwechsel geschafft

Mit dem heutigen Beschluss des Gesetzlichen Krankenversicherungs-Finanzierungsgesetzes (GKV) haben wir die Weichen für ein zukunftsorientiertes Gesundheitssystem geschaffen. Hier hat es wie erwartet bis zuletzt erhebliche Kontroversen innerhalb der Fraktionen gegeben. Ich bin aber dennoch sicher, dass wir den richtigen Weg einschlagen, indem wir eine strukturelle Neuordnung des Gesundheitswesens mit fairen und gleichmäßig verteilten Ausgabenbegrenzungen und einer Rückführung des einkommensabhängigen Beitrags auf das Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzkrise.

Die künftig stärkere Finanzierung über einkommensabhängige Zusatzbeiträge entkoppelt die Finanzierung von den Arbeitskosten und stellt das Gesundheitswesen damit auf ein stabiles Fundament. Die Krankenkassen erhalten wieder mehr Beitragsautonomie. Den Versicherten fällt es künftig leichter, Preis und Leistung ihrer Krankenversicherung miteinander zu vergleichen. Der mit den Zusatzbeiträgen verbundene soziale Ausgleich aus Steuermitteln ist unbürokratisch und gerechter als das bisherige System. Auch wenn die Opposition es nicht wahr haben will, werden Bezieher niedriger Einkommen vor Überforderung geschützt. Darüber hinaus wird der Arbeitgeberanteil nun bei 7,3 Beitragssatzpunkten festgeschrieben. Das sichert und schafft Arbeitsplätze. Gut ist auch, dass die Wahlfreiheit der Versicherten gestärkt wird. Ich denke nicht, dass man davon reden kann, dass die Gesundheitsreform „eine bittere Pille für alle Versicherten“ ist, wie die Bild-Zeitung schreibt. Am Donnerstag hatte Gesundheitsminister Rösler bereits sein Arzneimittelsparpaket durchs Parlament gebracht. Machen wir uns nichts vor – die steigenden Gesundheitskosten, auch bedingt durch unsere höhere Lebenserwartung, sind nicht zu leugnen und müssen solidarisch von allen getragen werden.

Gerüchteküche um Niebel-Ministerium

Am Rande der Haushaltsberatungen lief eine Meldung über den Nachrichtenticker, die mich zunächst – vielleicht genau wie Sie – zusammen zucken ließ. „Entwicklungsminister Niebel will sein Ministerium um 200 Stellen aufstocken“, hieß es, begleitet natürlich mit bissigen Kommentaren, dass Niebel doch derjenige Liberale ist, der im Wahlkampf das Entwicklungsministerium abschaffen wollte. Diese Meldung ist ein Beispiel, wie ich es oft erlebe – und was mich ärgert. Ohne pauschal die Medien für die immer noch katastrophalen Umfragewerte der FDP verantwortlich zu machen, steht fest, dass Journalisten häufig gerne nur die halbe Nachricht verbreiten. Richtig ist, dass Dirk Niebel verhement eine Reform der Entwicklungshilfeorganisationen in Gang gesetzt hat, um Doppelstrukturen abzubauen und die Entwicklungszusammenarbeit besser zu steuern. Durch die geplante Zusammenlegung von GTZ, InWEnt und DED sollen rund 700 Stellen eingespart werden, von denen 200 wiederum ins Ministerium verlegt werden. Diese Entscheidung ist übrigens in Übereinstimmung mit dem haushaltspolitischen Sprecher der Unions-Fraktion Norbert Barthle sowie deren Berichterstatter für den Etat des BMZ, Volkmar Klein, getroffen worden. Wenn solche Halbwahrheiten bewusst verbreitet werden, ärgert mich das.

Wenn ich schon dabei bin, Beispiele für ungerechtfertigte Kritik an liberaler Politik zu nennen, will ich auch das Thema Gemeindefinanzen ansprechen. Der öffentlich geäußerte Vorwurf, die FDP-Bundestagsfraktion habe den Vorschlägen des Finanzministers Schäuble nicht widersprochen, stimmt auch nicht. Im Gegenteil.

Als Liberale bin ich von den Vorschlägen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Gemeindefinanzreform und Steuervereinfachung enttäuscht. Ich teile die Meinung von Generalsekretär Christian Lindner und Fraktionschefin Birgit Homburger, die in Interviews den Plan kritisiert haben, Kommunen flexibel über ihren Anteil an der Einkommensteuer entscheiden zu lassen, die Gewerbesteuer aber zu erhalten. Diese „Steuererhöhung durch die Hintertür“ lehnt die FDP-Fraktion ab.

Lindner forderte den Finanzminister auf, die Kommission zur Reform der Mehrwertsteuer möglichst bald auf den Weg zu bringen. Auch zur Vereinfachung der Einkommensteuer solle der Finanzminister zügig einen Gesetzentwurf vorlegen. Auch bin ich sicher, dass sich über die bisher vorgelegten Ideen hinaus noch weiter Möglichkeiten zur Steuervereinfachung finden lassen. Allerdings sollte für die Koalition zunächst die Haushaltskonsolidierung Priorität haben.

Rede zum Thema Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Heute habe ich im Plenum in einer Rede am Nachmittag noch einmal Stellung genommen zu Anträgen der Fraktionen der SPD und der Linken, die unisono der Auffassung sind, dass wir mit einer 40-Prozent-Frauenquote die immer noch bestehende Entgeltungleichheit von Frauen und Männern aus dem Weg schaffen sollten. Das ist blanker Unsinn. Chancengleichheit von Frauen – nicht nur im Hinblick aufs Gehalt sondern insbesondere auch was Frauen in Führungspositionen und Aufsichtsräten angeht – will ich als Liberale nicht mit der Brechstange durchsetzen. Abgesehen davon werden bestimmte Branchen wie zum Beispiel die Metallindustrie oder Autozulieferer nur schwer Bewerberinnen finden. Der SPD-Rednerin Christel Humme habe ich vorgehalten, dass sie die zweifelsohne bestehende Entgeltungleichheit hätte bekämpfen können, als die SPD selber in der Regierung war. Unverschämt ist in der Begründung des Antrags der Linken, so zu tun, als fördere die Koalition unlautere Arbeitspraktiken wie die Schlecker-Affäre. Ich verwies im Plenum auf den Referentenentwurf vom 02. September, in dem Machenschaften wie diese bei Schlecker geschehen, ausgebremst werden sollen.

Ich bin der Auffassung, dass die Unternehmen es sich nicht leisten können, auf das Potenzial gut ausgebildeter Frauen zu verzichten. Statt Quote fordere ich die Unternehmen auf, sich am Beispiel der Telekom zu orientieren, die ein Bündel an Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, um Mitarbeiterinnen an sich zu binden und familienfreundliche Maßnahmen anzubieten. In Zeiten, in denen der Wettlauf um qualifizierte Mitarbeiter begonnen hat, kann sich ein Unternehmen kein frauenfeindliches Image leisten.

Besuchergruppe diskutierte mit uns

Zu guter Letzt erinnere ich mich gerne an den Besuch einer Besuchergruppe des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft am Donnerstag bei mir in Berlin. Zusammen mit anderen Fraktionskollegen haben wir eineinhalb Stunden lang – deutlich länger als das Programm eigentlich vorsah – miteinander diskutiert. So machten sich die Mittelständler aus der Region Süderelbe Luft über das Gebaren von Geldinstituten bei Krediten und kritisierten die vom Parlament vergangene Woche beschlossene Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke. Frank Schäffler, Finanzexperte der Fraktion, stellte hierzu klar, die Verlängerung bedeute ja nicht, dass die Kraftwerke dann nicht mehr in Ordnung seien. Das Gegenteil sei der Fall. Durch die Verlängerung der Laufzeiten könne die Koalition das eigensparte Geld verstärkt als Investitionen für neue Energien nutzen.

Liebe Freunde,

ich wünsche Ihnen und Euch ein schönes Wochenende – lassen Sie sich nicht vom trüben Herbstwetter Ihre gute Laune nehmen!

Herzliche Grüße aus Berlin

Ihre /Eure

Nicole Bracht-Bendt

Wahlkreisbüro: Kirchenstraße 1, 2144 Buchholz i.d. Nordheide

Tel. 04181/2187869 Fax 04181/218786

Email: Nicole.Bracht-Bendt@wk.bundestag.de

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