Zur Forderung des Philosophen Richard David Precht nach einem sozialen Pflichtjahr für Rentner erklären das Mitglied im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement und Berichterstatter der FDP-Bundestagsfraktion für die Freiwilligendienste Florian BERNSCHNEIDER und die Seniorenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Nicole BRACHT-BENDT:

Die Forderung von Richard David Precht ist ein polemischer Reflex auf die Herausforderungen des demografischen Wandels. Es ist zwar richtig, dass aufgrund immer höherer Lebenserwartungen neue Betätigungsfelder für Senioren gefunden werden müssen. Mit seiner pauschalen Rentnerschelte verkennt er aber die Tatsache, dass bereits heute jeder dritte Rentner ehrenamtlich engagiert ist. Ein soziales Pflichtjahr schafft für Rentner genau das, was wir mit der Abschaffung des Zivildienstes endlich beendet haben: Nämlich einen Zwangsdienst, der in die persönliche Freiheit und Selbstbestimmung eingreift. Ein sozialer Pflichtdienst wäre in keinster Weise mit unserem Grundgesetz vereinbar – etwas Vergleichbares gibt es derzeit nur unter der Militärdiktatur in Birma. Richard David Precht sollte sich fragen, wie derartige Forderungen in Übereinstimmung mit der von ihm propagierten „Neuen Bürgergesellschaft“ stehen können. Das liberale Bild der Bürgergesellschaft jedenfalls basiert auf Freiheit und Freiwilligkeit beim Engagement und nicht auf Zwang und Bevormundung. Gesellschaftlicher Zusammenhalt lässt sich nicht erzwingen. Für Bürgerschaftliches Engagement braucht es Herzlichkeit und die Überzeugung, das Richtige für sich und die Mitmenschen zu tun. Außerdem sollte Richard David Precht erklären, wo er die derzeit rund 17 Millionen Rentner überhaupt einsetzen will, denn auch das Interesse junger Menschen an einem ehrenamtlichen Engagement ist ungebrochen groß.

 

2 Antworten zu “Zusammenhalt lässt sich nicht erzwingen”

  1. Klaus Gerold sagt:

    Schade, Sie haben Herrn Precht überhaupt nicht verstanden. 1. Warum sprechen Sie von 17 Millionen Rentnern die „Zwangsdienst“ leisten sollen? Herr Precht spricht nur von 1,5 Millionen, die jedes Jahr neu ins Rentenalter eintreten. Diese Menschen sind im Schnitt 62/63 Jahre alt. Auch geht es nicht um Vollzeitdienst, sondern lediglich um 15 Stunden die Woche. 2. Herr Prechts Vorschlag sieht vor, jeden davon zu befreien, der dazu physisch, und psychisch nicht in der Lage ist. 3. Ehrenamtliche Tätigkeit, die ohnehin schon ausgeführt wird, kann mit dem Pflichtjahr verrechnet werden.
    Das Wichtigste aber ist: Warum schauen Sie nur auf die Negativseite? Haben Sie einmal überdacht, was 1 Millionen zusätzliche Menschen als Nachhilfelehrer für sozial Schwache, als Unterhalter im Altersheim usw. der Gesellschaft (und sich selbst) für ein immenses Glück bringen?
    Schade, dass unsere Politiker nie die Chancen eines echten Wandels sehen, sondern so ängstliche Bedenkenträger sind. Genau das schürt die Politikverdrossenheit!

  2. Nicole Bracht-Bendt sagt:

    Sehr geehrter Herr Gerold,

    auch bei einem verpflichtenden Dienst von nur 15 Stunden in der Woche handelt es sich um einen Zwangsdienst, da die Entscheidung, ob ein solcher Dienst geleistet wird, nicht mehr bei den Rentnern selbst liegt, sondern „von oben“ vorgeschrieben wird. Dies stellt einen massiven Eingriff in die persönliche Freiheit dieser Menschen dar. Das ist mit meinem liberalen Selbstverständnis von Freiheit und Eigenverantwortung nicht zu vereinbaren.
    Die Potenziale, die das Engagement älterer Menschen bietet, sehen wir in der FDP selbstverständlich und sind auch fest entschlossen diese besser zu nutzen. Dafür haben wir mit dem Bundesfreiwilligendienst (BFD), der im Gegensatz zum Freiwilligen Sozialen Jahr oder dem abgeschafften Zivildienst keine Altersobergrenze kennt, bereits die nötigen Voraussetzungen getroffen. Bereits jetzt, ein halbes Jahr nach seiner Einführung, sind knapp 30.000 Stellen im BFD besetzt und ein Abreißen der großen Nachfrage ist noch nicht in Sicht. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir das angepeilte Ziel von 70.000 Stellen im Bundesfreiwilligendienst und den Jugendfreiwilligendiensten erreichen werden. Vor dem Hintergrund, dass ca. 11% der Menschen, die einen Bundesfreiwilligendienst leisten, älter als 50 sind, und dass – wie bereits erwähnt – jeder dritte Rentner bereits ehrenamtlich tätig ist, sehe ich keinen Bedarf soziales Engagement zur Pflicht zu machen. Darüber hinaus wäre ein solcher Dienst kaum mit dem Grundgesetz vereinbar, da sich der Zivildienst als Ersatzdienst aus Gewissensgründen aus der Wehrpflicht herleitete. Ohne den Wehrdienst kann es demnach auch keinen Ersatzdienst, sprich Zivildienst, geben.

    Grundvoraussetzung für das Ausüben einer ehrenamtlichen Tätigkeit in einer Form, die den hohen Ansprüchen, die an die Ehrenamtlichen gestellt werden, ist dass die Menschen mit Spaß und Überzeugung dabei sind. Und das ist nur dann gewährleistet, wenn das Engagement aus persönlicher Überzeugung und dem Bedürfnis, anderen Menschen etwas Gutes zu tun entspringt. Zudem laufen in der Koalition Bestrebungen, eine verbesserte Anerkennungskultur für soziales Engagement in der Gesellschaft zu schaffen, um so noch mehr Menschen zu motivieren.

    In diesem Sinne möchte ich an dieser Stelle ein klares Bekenntnis zum Engagement von älteren Menschen geben. Allerdings nur auf der Basis der Freiwilligkeit.

    Mit freundlichen Grüßen

    Nicole Bracht-Bendt

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